Intensiver Blick auf die eigenen Füße

Rolf Hengesbach zeigt Aquarelle von Christopher Muller.

Intensiver Blick auf die eigenen Füße
Foto: Hengesbach

Wuppertal. „In der Kunst des 20. Jahrhunderts spielen Füße kaum eine Rolle“, dieser Satz des Galeristen Rolf Hengesbach bei der jüngsten Vernissage klingt zunächst wunderlich. Doch erstens stimmt er — denn zumindest deutsche Künstler haben menschliches Fleisch nach dem Zweiten Weltkrieg nicht unbelastet darstellen können. Zweitens füllt nun Christopher Muller in den Räumen an der Vogelsangstraße dieses Vakuum.

Eigentlich kommt Muller von einer neutralen Form der Fotografie - er ist 1966 in Stade geboren und in England aufgewachsen, heute Professor für Fotografie an der Folkwang-Hochschule in Essen und der Hengesbach Gallery seit mehr als 20 Jahren verbunden.

Im Laufe der Jahre hat er sich zur Malerei und zum subjektiven Motiv bewegt: Füße, vorwiegend nackte, sind das Hauptthema der Aquarelle, die Muller in Gruppen von zwei, vier oder fünf Bildern zusammenfasst. Die Technik unterstreicht die Sinnlichkeit der Bilder: Fast meint man die Haut, Muskeln und Sehnen des ausgestreckten Beins nachspüren zu können.

Christopher Muller ist schrittweise bei den Füßen angekommen. Erst hat er ein Selbstbildnis vor dem Spiegel gemalt — „das war zu langweilig.“ Dann hat er den Spiegel auf den Boden gestellt und die Füße gemalt — „doch der Umweg über das Spiegelbild war absurd.“ Nun geht der Blick direkt von oben auf seine Füße, denen man ihren Lebensweg ansieht. Gelegentlich ist in der ungewohnten Perspektive auch noch ein Stück Zeichenblock mit im Bild.

Die Bilder schärfen den Blick dafür, was es überhaupt heißt, lebendig zu sein, sich in einer Umgebung zu positionieren. Dazu passt, dass Muller auch Böden und Regale aus Holz abbildet: „Das ist etwas Gewachsenes und zugleich Gestaltetes.“ Hat sich sein Verhältnis zu den Füßen durch die lange Betrachtung verändert? „Ich bin froh, dass ich diese Bilder gemalt habe, weil man nicht wissen kann, wie lange man über seinen Körper verfügt.“

Die Hengesbach Gallery zeigt bis zum 20. März die Ausstellung „Christopher Muller: self“ mit Aquarellen und Fotografien, Vogelsangstr. 20, Mo bis Fr 13-18 Uhr

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