Wuppertaler Von der Heydt-Museum In der Rolle des Jussuf konnte sich Else Lasker-Schüler frei fühlen

Im Mittelpunkt der aktuellen Ausstellung des Von der Heydt-Museums steht eine Auswahl farbiger Zeichnungen.

 „Jussuf bewundert eine blaue Rose“ von Else Lasker-Schüler ist eines der zentralen Motive in der Ausstellung.

„Jussuf bewundert eine blaue Rose“ von Else Lasker-Schüler ist eines der zentralen Motive in der Ausstellung.

Foto: ja/VDHM

In unserer aktuellen Ausstellung „Else Lasker-Schüler, ,Prinz Jussuf von Theben‘ und die Avantgarde“ widmen wir uns der großen Dichterin und Künstlerin Else Lasker-Schüler (1869-1945) und präsentieren ihr Werk im Kontext der Avantgarde ihrer Zeit. Neben ihrer großartigen Dichtung brachte Else Lasker-Schüler ein ebenso faszinierendes bildnerisches Oeuvre hervor, in dem sie ihrer jüdisch-orientalisch inspirierten Fantasie vor allem mit zeichnerischen Mitteln poetischen Ausdruck verlieh. Deshalb steht im Mittelpunkt der Ausstellung eine Auswahl farbiger Zeichnungen, die Einblick in ihre einzigartige und märchenhafte Vorstellungs- und Bildwelt geben.

Eine entscheidende Funktion
im Werk der Künstlerin

„Jussuf bewundert eine blaue Rose“ ist eines der zentralen Motive in unserer Ausstellung und steht paradigmatisch für Else Lasker-Schülers beeindruckende Zeichenmalkunst. Jussuf, der in der feinen, auf rosagrundigem Papier angefertigten Zeichnung breitbeinig auf einem Stuhl sitzt, trägt die Gesichtszüge und das kinnlange Haar Else Lasker-Schülers. Das Selbstbildnis als Möglichkeit des subjektiven Ausdrucks und der kritischen Selbstbefragung nimmt eine entscheidende Funktion im Werk der Künstlerin ein und findet zahlreiche Umsetzungen.

Die titelgebende blaue Rose hält Jussuf mit beiden Händen vor der Brust als wäre sie ein kostbarer Schatz. Die blaue Farbe tritt ebenfalls in den Strümpfen und im Bildhintergrund auf und verklammert so die Figur und die sie hinterfangende Landschaft, die Else Lasker-Schüler mit vielen schnellen Schwüngen dynamisch andeutet. Sich in den Duft der Rose versenkend träumt Else Lasker-Schüler sich aus der Realität fort, diese scheint weit in die Ferne zu entweichen.
Mit diesem imaginären Selbstbildnis umschreibt Else Lasker-Schüler den poetischen und kreativen Prozess, aus dem ihre Dicht- und Malkunst hervorgeht. Den Titel der Zeichnung hat sie mit schwarzer Schrift, ähnlich wie die Konturen der Figur, festgehalten. Für die Künstlerin sind Dichtung und Zeichnung gleichberechtigte Ausdrucksmittel. Diese besondere Korrelation von Schrift und Figuration macht die Faszination von Else Lasker-Schülers Zeichenmalkunst aus.

Sowohl in ihrer Dicht- wie auch in ihrer Bildkunst kreierte sie eine „andere Welt“, in der sie selbst in imaginären Rollen auftrat. Neben Tino von Bagdad ist es Jussuf von Theben, in den sie sich immer wieder verwandelt. Mit dem Namen des Prinzen Jussuf unterschrieb sie ihre Postkarten und machte ihn zum Helden vieler Erzählungen. 1914 erschien ihr Buch „Der Prinz von Theben“ im Verlag der weißen Bücher in Leipzig.

Else Lasker-Schüler schrieb selbst: „Ich bin in Theben (Ägypten) geboren, wenn ich auch in Elberfeld zur Welt kam, im Rheinland.“ Die Mystifizierung ihrer eigenen Person gehört ebenso zu Else Lasker-Schüler wie ihre Alter Egos. Dabei sind diese mehr als bloß Gedankenspielereien. In der männlichen Rolle des Jussuf konnte sich Else Lasker-Schüler jene Freiheiten erträumen, die ihr als Frau zu Beginn des 20. Jahrhunderts versagt blieben.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort