Hier bringen die Musiker zur Probe noch Geld mit

Das junge Orchester NRW gastiert auf seiner Jubiläumstour in Wuppertal.

Wuppertal. Dieser Klangkörper hat Wucht. Wenn das junge Orchester NRW (djo) auftritt, kommen bis zu 140 Musiker auf die Bühne, allein 60 Streicher sitzen vor Orchesterleiter Ingo Ernst Reihl. „Selbst für ein professionelles Orchester ist es ein Luxus, eine Mahler-Symphonie in dieser Besetzung zu spielen“, sagt der 44-Jährige.

Hier bringen die Musiker zur Probe noch Geld mit
Foto: Gerrit Cramer

Das Besondere an diesem Orchester ist, dass Profis und Blechbläser aus Feuerwehrkapellen („wenn sie begabt sind“), Studierende und Schüler zusammenspielen. Das Mindestalter ist 16 Jahre, die Obergrenze liegt derzeit bei Mitte 40. „Die Musiker sind vom Können her gar nicht so unterschiedlich, aber von der Erfahrung her“, sagt Reihl. „Wenn jemand das erste Mal dabei ist, ist es schon rein körperlich hart: Wir proben acht Stunden, natürlich mit Pausen. Profiorchester machen nach drei bis vier Stunden aus Tarifgründen Schluss.“

Bei Studierenden wie Felix Stachelhaus ist das junge Orchester gefragt: „Für mich als Schlagzeuger gibt es nicht so viele Spielmöglichkeiten, weil immer nur ein Schlagzeug pro Orchester gebraucht wird. Zwar spiele ich noch in einem anderen Orchester. Aber mit dem djo kann ich wegen der Größe ein ganz anderes Repertoire aufbauen.“

Geld verdient der 23-Jährige damit nicht, im Gegenteil. Weil sich das Orchester nur aus Konzerteinnahmen und über einen Förderverein finanziert, müssen die Musiker noch Geld mitbringen. 100 Euro kostet jede mehrtägige Probenphase. Immerhin werden Stachelhaus die Auftritte als credit fürs Studium angerechnet. Das gehört zur Kooperation der Hochschule mit dem djo. „Die Initiative kommt unseren Studierenden sehr zugute“, sagt Lutz-Werner Hesse, Direktor der Musikhochschule. An die 100 Jungmusiker aus Wuppertal haben schon mitgespielt.

Jetzt geht das Orchester auf Jubiläumstour, vor 30 Jahren hat Reihl es gegründet. Mit 15 Jahren war der Jungstudent so keck, sich älteren Kommilitonen als Dirigent für ein Ensemble anzudienen. Seit 2002 läuft die Arbeit erfolgreich im Phasenbetrieb. Statt einmal in der Woche wird sechs Tage intensiv geprobt: Musiker aus ganz NRW — „unser erster Trompeter reist sogar aus Basel an“ — treffen sich dazu in einer Jugendherberge im Oberbergischen.

Zeitnah folgen die Konzerte, wie in der Stadthalle Mahlers „tragische“ Symphonie am 24. Januar und Beethovens Neunte „An die Freude“ am 6. Juni — mit 140 Musikern und 250 Sängern.

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