Gefangen im Gefühlsstrudel: Theater ums Erwachsenwerden

Der Jugendclub der Bühnen beeindruckt mit dem Comic-Stück „Swallow me Whole“.

Wuppertal. Das Stück macht nicht viele Worte, doch liefert beeindruckende Bilder. Der Jugendclub der Wuppertaler Bühnen hat nach der Graphic Novel von Nate Powell ein eigenes Stück geschaffen: „Swallow me Whole“ ist die beklemmende Gefühlsbeschreibung einer Schülerin an der Grenze zum Erwachsenen-Dasein. Es feierte im Kleinen Schauspielhaus Premiere.

„Lern für die Schule“, „zieh dich ordentlich an“, „benimm dich“ — die Anforderungen von Eltern und Lehrern überfordern Ruth. Immer tiefer taucht sie in ihr Schweigen ein, nimmt die Welt um sich herum nur noch am Rande wahr. Die besorgten Eltern entwickeln sich am Mittagstisch in dreimaliger Wiederholung zur Karikatur ihrer selbst. Jede kleine Anmerkung bauschen sie zu einem Riesenproblem auf.

Immer wieder andere Schauspieler aus dem 20-köpfigen Team übernehmen in insgesamt 60 Minuten die Rollen, doch ihre Haltung bleibt stets die gleiche. Viel geht es ums Kollektiv in dieser Inszenierung des Theaterpädagogen Markus Höller, der gemeinsam mit den Jugendlichen und Dramaturgin Miriam Rösch immer wieder neue Details für das Zusammenspiel zwischen Gemeinschaft und Einzelnen findet.

Im selben Rhythmus stampft die ganze Gruppe über die Bühne, nur Rita fällt plötzlich zu Boden und bleibt abseits sitzen. Voller Vorfreude auf den Abend schminkt sie ihr Gesicht, das das Spiegelbild als weinende Fratze anzeigt. Doch dann laufen lachende, ineinander verschlungene Gruppen an ihr vorbei, ohne den Gruß des Mädchens zu beachten.

Sorgsam sortiert Ruth, die immer wieder von einer anderen Schauspielerin gespielt wird, ihre Erinnerungen: In großen Einmachgläsern stecken Plüschtiere, Fotos, Bücher und Spielzeug. Doch kaum dreht Ruth ihnen den Rücken zu, rennt die Gruppe die Gläser, die zu einem Kreuz, einem Anker oder einem Herz geordnet sind, über den Haufen.

Besonders intensiv verbildlicht Höller die Abkapselung dieses Mädchens: Die anderen stülpen einen riesigen Luftballon über Ruth. So kauert sie in dieser Blase und tastet mit den Händen an deren Hülle entlang. Sehr poetisch ist die Szene, in der ihr Bruder dazukommt und von außen seine Hand gegen ihre legt. Durch seine Unterstützung schafft sie schließlich den Durchbruch zurück in die Welt: Sie zerplatzt die Hülle und findet dadurch den Weg zurück in die Gemeinschaft der anderen.

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