Entführung in Wuppertal: Der Papst ist da

Das Taltontheater sorgt dafür, dass das Kirchenoberhaupt gekidnappt wird.

Wuppertal. Wenn die Nachrichtensprecherin verliest, dass in Indien und im Kongo die Kampfhandlungen eingestellt werden, dass die Menschen höflich und zuvorkommend miteinander reden und sogar die Zahl der Autounfälle drastisch reduziert wurde - dann kann es den Zuschauern tatsächlich kalt den Rücken herunterlaufen. Es ist eine himmlische Utopie, die das Taltontheater pünktlich zu Weihnachten im Forum Rex aufführt.

"Der Tag, an dem der Papst gekidnappt wurde" heißt die knackige Komödie von Joao Bethencourth, die Theaterchef Jens Kalkhorst geschickt für seine Truppe ausgesucht hat. Der Taxifahrer Samuel Leibowitz (Hans-Jürgen Sittig) ergreift die günstige Gelegenheit, als der Papst (Heiner Voigt) einfach so und ohne Bewachung sein Taxi besteigt, und nimmt ihn unter sanfter Gewaltandrohung mit nach Hause.

Ehefrau Sara ist entsetzt: Alma Kukic spielt ein nervöses Bündel Frau - mit abwechselnd weit aufgerissenen Augen oder stumpfem Blick, herabhängenden Schultern und aufgeregter Stimme, die sich ins Kochen ihrer Suppen rettet.

Die Kinder hingegen sehen die neue Situation gelassen. Mike (Dennis Ellerbrake) übernimmt mit stolzer Brust die Verteidigung, als schließlich die Polizei das Haus umzingelt, Maike (Maike Zehnder) umsorgt mit kindlicher Freude den Papst. Für Heiterkeitsausbrüche jedoch sorgt vor allem David Meister als Rabbi Meyer.

Eine große Hakennase und Locken-Koteletten zieren sein Gesicht, er schlurft mit gebeugtem Rücken herein, wedelt mit den Händen und spricht mit hoher Fistelstimme. Während drinnen der unerwartete Gast das Familienleben genießt und Schach mit dem Rabbi spielt, tost draußen die Welt.

Im Prospekt an der Rückwand, liebevoll mit den Insignien kleinbürgerlichen Wohnens bemalt, sind die Klappen eines Fernsehschranks eingelassen. Stephanie Spichala sitzt dahinter und verliest schwäbelnd die Reaktionen der Völker: wie sie aufgescheucht auf die Entführung des Papstes reagieren, wie sie über die Lösegeldforderung verhandeln - 24Stunden lang darf auf der ganzen Erde kein Mensch umgebracht werden - und diese schließlich annehmen.

Schmunzelnd sitzt der Papst währenddessen an dem einfachen Küchentisch und schält Kartoffeln. Alles wäre schön und gut, wenn nicht Kardinal O’Hara darauf bestehen würde, mit allen Mitteln den Papst zu befreien. Geifernd und mit vor Wut geröteten Augen zeigt Jens Kalkhorst diesen Würdenträger, der den Weltfrieden fast zerstört hätte. Aber selbst inmitten der größten Turbulenzen gibt es schließlich nach kurzweiligen 100 Minuten ein Happy End, im ausverkauften kleinen Saal des Rex-Theaters begeistert bejubelt.

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