„Ein schön chaotisches System“

Die RaumZeitPiraten bringen den Neuen Kunstverein zum Klingen, Plingen und Leuchten — alles gleichzeitig.

„Ein schön chaotisches System“
Foto: Andreas Fischer

Elektromechanisches OptoAkustik-Orchester — das hört sich wüst und schwer an. Tatsächlich zieht sich ab heute die wunderbar verspielte Installation InstruMentalGespinst durch den Raum des Neuen Kunstvereins an der Hofaue — „wir machen uns natürlich viele Gedanken, sehen aber vieles auch nicht ganz so bierernst“, sagt der Künstler Tobias Daemgen.

Er hat sich 2007 mit Moritz Ellerich und Jan Ehlen zum sehr aktiven Kunstkollektiv RaumZeitPiraten zusammengeschlossen. Für den Kunstverein haben sie für ihre motorbewegte Installation erstmals mit zwölf ausrangierten Instrumenten gearbeitet — auch angeregt durch die Musikschule, die ebenfalls im Kolkmannhaus ihre Räume hat.

Das akustische Kindergetümmel nach Kursschluss fügt sich jedenfalls gut ein in die Anordnung von Gitarren, Trommeln, Kinder- und Zitherklavier mit Spieluhr und anderem. Eine Gitarre ohne Saiten gibt den Rhythmus vor: Zwei Türöffner aus einem Auto trommeln auf den Resonanzkörper, an einem dritten ist ein Laubsägeblatt befestigt, das stetig sein ritzendes Werk verrichtet.

Die Gitarre ist jedoch nur aktiv, wenn man in ihre Nähe kommt. Dann aber löst sie weiter Aktivitäten aus. „Jedes Instrument interagiert mit anderen über Klang-, Licht oder Bewegungssensoren“, sagt Tobias Daemgen. Manche Instrumente verstummen auch, wenn der Betrachter davorsteht.

„Uns ist wichtig zu zeigen: Jede Handlung hat eine Wirkung.“ Denn die Installation steht nicht statisch da, vielmehr soll der Besucher sie mit Lust erkunden und mit Lärm beeinflussen. Wenn viele Leute sprechen, werden die Instrumente lauter, ist man allein und stumm, „wird es meditativ“.

Das Künstlerkollektiv kommt von der digitalen Videokunst, arbeitet aber mittlerweile analog. „Während man im Alltag immer weniger versteht, wie Dinge funktionieren, versuchen wir, alle Prozesse sichtbar zu machen“, sagt Tobias Daemgen. „Wenn man sich genug drauf einlässt, kann man die ganze Installation verstehen.“

Es ist natürlich ein spannendes Puzzle-Spiel zu ergründen, wie die Anschlag-stärke der Kabelbinder auf der Trommel die Aktion auf dem kleinen Klavier daneben beeinflusst. Man kann aber auch entspannt das gesamtsinnliche Erlebnis aus Bewegung und Licht, Klingen und Plingen genießen und darüber lächeln, dass man auch ohne Computer eine feine Vernetzung herstellen kann.

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