Interview „Der Bernd-Mischke-Saal ist perfekt dafür“

Interview Markus Stockhausen siedelt das Forum Intuitive Musik in der Musikschule an. Teilnehmer treffen sich monatlich.

 Der Musiker Markus Stockhausen.

Der Musiker Markus Stockhausen.

Foto: Juergen Bindrim

Er ist der Sohn von Karlheinz Stockhausen, einem der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Sein eigener Weg führte fast zwangsläufig in die zeitgenössische Musik. Viele Jahre spielte er mit dem Vater zusammen, suchte und fand seinen eigenen Weg. Der Markus Stockhausen nun nach Wuppertal führt. Das Forum Intuitive Musik (FIM) wird hier an der Bergischen Musikschule eine Heimat finden. Im Gespräch mit der WZ erzählt der Musiker, wie es dazu kommt, welche Bedeutung sein Vater für seine Musik hatte und erklärt, was intuitive Musik bedeutet.

Welche Bedeutung hattte Ihr Vater für Ihren musikalischen Weg?

Markus Stockhausen: Er hat mich schon früh an eine ganz neue und sehr vielfarbige Musikwelt herangeführt. Diese Welt war für mich bereits als Kind ganz natürlich, und ich erkannte erst später im Vergleich mit anderen Musikern, wie gut, auch gut komponiert seine Musik war. Mit 18 begann ich, professionell mit meinem Vater zu arbeiten, habe die Trompetenpartie in „Sirius“ 1976/77 und von 1978 bis 1981 im „Donnertag“ aus „Licht“ (siebenteiliger Opern-Zyklus, Red.) eine Hauptrolle als Michael gespielt. 25 Jahre lang arbeiteten wir intensiv zusammen. Ich bin ihm zutiefst dankbar, was er für die Musik und deren professionelle Aufführung geleistet hat, und was ich von ihm lernen konnte.

Wie sind Sie selbst Musiker geworden?

Stockhausen: Ich habe zwar mal kurz mit der Architektur geliebäugelt, aber schon früh war klar, dass ich auch Musiker werden wollte. Ich habe drei Ausbildungen, in Jazz, Klassik und zeitgenössischer Musik absolviert. Ich habe an der Musikhochschule in Köln Klavier, klassische und Jazz-Trompete studiert. Anfangs stand das Klavier im Vordergrund, dann aber wurde die Trompete immer wichtiger.

Wie sind Sie zu improvisierter und dann intuitiver Musik gekommen?

Stockhausen: Durch den Jazz habe ich zur Improvisation gefunden. Ich hatte schon als Schüler Bands, etwa die Gruppe „Key“. Wir spielten damals vorwiegend Eigenkompositionen, aber auch freie Musik. Als ich 18 war, nahm mich mein Vater mit nach London, wo wir sein Textstück „Zugvogel“, also intuitive Musik, für ein Pop-Label aufnahmen. Es gab nur den Text, der Rest war Gefühl, Fantasie und Eingabe. Auf der Basis seiner Texte habe ich in den 80er Jahren oft mit dem Ensemble für Intuitive Musik in Weimar gespielt. Irgendwann war mit das zu eng und ich habe mich befreit, habe eine eigene Gruppe gebildet, mit der ich improvisierte und intuitive Musik spielte und auch aufnahm.

Worin besteht der Unterschied?

Stockhausen: Improvisierte Musik arbeitet mit bekanntem Material, man einigt sich vorher auf einen stilistischen oder ästhetischen Kontext, es gibt bestimmte Erwartungen. Bei intuitiver Musik gibt es kein Konzept, man spielt vollkommen frei, beginnt mit einem leeren Geist. Die Grenzen sind fließend, jeder, der improvisiert, spielt auch intuitiv, jeder, der intuitiv spielt, improvisiert auch. Es gibt einen signifikanten Unterschied in der Herangehensweise.

Welche Bedeutung hat intuitive Musik?

Stockhausen: Bei intuitiver Musik spielen Tagesform, Ort, Menschen und so weiter eine Rolle. Wer sich da öffnet, die musikalische Situation erfasst, kann eine ganz eigene Art des Spielens entwickeln. Eine Art, die auch in den mitmenschlichen Bereich reicht. Man muss wirklich zuhören können, nicht nur sein Instrument beherrschen. So kann ein Prozess des Tuns und gleichzeitigen Wahrnehmens entstehen. Intuitive Musik steht gleichberechtigt neben allen anderen Musikarten, steckt aber noch in den Kinderschuhen, weil sie sehr viel vom Musiker verlangt.

Wie wichtig sind Partner bei intuitiver Musik?

Stockhausen: Sehr wichtig. Jeder bringt seine musikalische Welt mit, auf die man sich einstellen muss. Respektvoll, einander Raum lassend. Das ist hochsensibel. Es geht darum, dass der Mensch wirklich frei wird und die volle Verantwortung für sein Tun im sozialen Kontext übernimmt. Das entspricht dem Bewusstsein einer Weltgemeinschaft, das wir als Menschheit heute entwickeln. Auch hier hat mein Vater mit seinen Kompositionen 1968 eine Tür aufgestoßen.

Musik ist die Sprache der Seele, hat Hazrat Inayat Khan, Begründer des Sufi-Ordens, gesagt. Sie stimmen dem zu?

Stockhausen: Ja, der Satz deutet darauf hin, dass Musik – wie mein Vater immer sagte – die höchste Kunstform in der Welt ist. Nichts ist so unmittelbar, reich und ausdrucksstark wie Musik. Ich bin froh, Musiker zu sein. Musik verbindet Menschen jenseits aller Grenzen.

Warum kommt das Forum für intuitive Musik nach Wuppertal?

Stockhausen: Ich habe vor kurzem den Bernd Mischke-Raum der Musikschule bei einem Workshop gesehen und gespürt, dass dies der perfekte Ort dafür ist. Er klingt schön und hat genug Platz. Außerdem ist Wuppertal mitten in Deutschland angesiedelt.

Was genau ist geplant?

Stockhausen: Jeder, der ein Instrument gut beherrscht kann sich anmelden und dann werden wir uns einmal im Monat treffen, um intuitive Musik zu üben. Ich rechne mit etwa 15 Akteuren (Studenten, Halbprofis und Profis). Man kann aber auch einfach zum Zuhören kommen, das ist ja auch spannend und lehrreich. Die Seminare starten ab November. Ab und zu sind Konzerte geplant, das erste wird Ende März 2020 sein.

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