Ein Leben ohne Musik ist für Olga Scheps unvorstellbar

Ihre Zeit in Wuppertal hat sie geprägt: Olga Scheps kehrt gerne zurück — für ein Klavierkonzert in der Stadthalle.

Frau Scheps, was verbinden Sie mit Wuppertal?

Olga Scheps: Ich bin hier zur Schule gegangen, bevor ich mit 17 nach Köln gezogen bin. Eigentlich hat fast jeder Ort für mich irgendeine Erinnerung. Direkt wenn ich mit dem Auto von der Autobahn aus Köln komme und die Carnaper Straße runterfahre, denke ich zum Beispiel immer an die Kirmes, auf die ich während meiner Schulzeit oft mit Freunden gegangen bin. Dann kommt die Schwebebahn-Haltestelle Alter Markt. Von dort aus bin ich in die Stadt zum Einkaufen gefahren. Das war ein ganz normales öffentliches Verkehrsmittel — das können die Nicht-Wuppertaler oft schwer glauben!

Sie wurden in Russland geboren und wuchsen in Wuppertal auf. Was hat Sie mehr geprägt: die russische Seele oder das Bergische Land?

Scheps: Beides. Es ist schwer zu sagen, welcher Teil von mir von welchem Ort geprägt wurde. Aber eines haben die Menschen im Bergischen Land gemeinsam, sie sind besonders hilfsbereit und offen. Das habe ich auch hoffentlich mitgenommen. Übrigens ist das in Köln ähnlich.

Haben Sie einen Lieblingsplatz in Wuppertal?

Scheps: Wuppertal hat viele schöne Orte. Zum Beispiel das Luisenviertel und die Hardt im Sommer. Aber ich muss sagen: Die Stadt hat sich verändert. Manche Orte, an denen ich gerne war, gibt es nicht mehr.

Am kommenden Dienstag geben Sie ein Gastspiel in Ihrer alten Heimat. Was hat das Publikum zu erwarten?

Scheps: Einen Klavierabend, unter anderem mit Stücken von Frédéric Chopin und Sergej Rachmaninov. Ich werde überwiegend Werke spielen, die aus der romantischen Epoche der klassischen Musik stammen. Da werden auch einige Stücke von meinem aktuellen „Russian Album“ zu hören sein.

Wer hat Ihre Liebe zur (Klavier-)Musik entfacht?

Scheps: Bei uns zu Hause lief immer der Plattenspieler. Und Musik zu machen, das war etwas ganz Alltägliches. Irgendwie war die Liebe zur Musik schon immer da, ich könnte mir ein Leben ohne Musik nicht vorstellen. Der Ausdruck hört sich vielleicht so abgenutzt an, aber es stimmt.

Was bedeutet Ihnen Klaviermusik?

Scheps: Für das Klavier wurde in den verschiedenen Epochen tolle Musik geschrieben. Das Klavier ist selten nur ein Klavier. Es kann singen, es kann Geige spielen, Orgel, Schlagzeug oder Cembalo sein. Alles in einem ist es ein Orchester mit jedem erdenklichen Instrument, eine Welt in sich.

Wann war klar, dass die Berufung auch zum Beruf werden würde?

Scheps: Ich habe in den letzten Schuljahren angefangen, bewusst darüber nachzudenken, was ich beruflich machen möchte. Die Entscheidung hat wenige Monate gedauert. Ich habe sehr schnell verstanden, dass ich einfach zu gerne Klavier spiele und dass ich damit nicht wegen einer anderen Sache aufhören will.

Sie wurden mit dem „Echo Klassik 2010“ als beste Nachwuchs-Künstlerin ausgezeichnet. Haben Sie sich über diesen Preis einfach „nur“ gefreut — oder auch schnell einen Druck verspürt, weil ein Preis bei Kritikern und Zuhörern immer auch gewisse Erwartungen schürt?

Scheps: Jede Auszeichnung bringt auch eine Erwartungshaltung mit sich. Ich versuche nicht, Erwartungen zu entsprechen, sondern möchte das, was ich mache, so gut machen, dass ich selbst zufrieden mit mir bin. Eine Erwartungshaltung gibt es auch bei Konzerten und Aufnahmen und es ist auch okay so. Über den „Echo“-Preis habe ich mich sehr gefreut, es ist ein tolles Gefühl.

Ein Preis ist ja auch immer eine Herausforderung zu weiteren musikalischen Taten. Wovon träumen Sie als Pianistin?

Scheps: Ich habe viele Träume, aber in erster Linie möchte ich immer die Bedingungen beibehalten, um gerne Musik zu machen.

Was hören Sie, wenn Sie besonders glücklich oder, im Gegenteil, traurig sind?

Scheps: Das ist schwer zu sagen, weil Musik meine Stimmung sehr beeinflusst. Neulich habe ich eine ganz tolle Interpretation der Intermezzos von Brahms op. 118 gehört, so was inspiriert mich unheimlich.

Bleibt vor oder nach dem Gastspiel in der Stadthalle noch Zeit, die alte Heimat zu genießen?

Scheps: Ich spiele am Tag darauf in Leverkusen, deswegen werde ich vielleicht schon am selben Abend abreisen. Aber ich fahre sonst manchmal hierhin und besuche meine Oma, und von Köln ist es ja sonst auch nicht so weit. Ich freue mich sehr auf das Konzert — nicht zuletzt, weil die Wuppertaler Stadthalle meiner Meinung nach einer der besten und schönsten Konzertsäle in Deutschland ist.

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