Ein falscher Graf macht Theater

Im Kleinen Schauspielhaus heißt es: „Kleider machen Leute“.

Wuppertal. Sehr witzig und phantasievoll wirkt die Version der Gottfried-Keller-Novelle "Kleider machen Leute" beim integrativen Theaterprojekt von den Wuppertaler Bühnen und dem Verein für Menschen mit Behinderung ("Mit-Menschen").

Überdimensionale Stecknadeln und bunt angeleuchtete papierene Kleidungsstücke bestimmen das Bühnenbild im Kleinen Schauspielhaus. Das riesige samtrote Nadelkissen dient als Bett und Garnrollen als Tisch.

15 Schauspieler jeden Alters, manche mit Rollstuhl oder Stock, andere völlig mobil, erzählen die Geschichte um den armen Schneider, der für einen Grafen gehalten wird, mit ihren eigenen Worten. Sehr deutlich wird, dass der arme Schneidergeselle von seinem Meister schikaniert wird und mit dem gerade fertig gestellten Mantel flüchtet - ohne Absicht auf Hochstapelei. Kein einziges Mal stellt sich der Mann selbst als Graf vor, stattdessen flüstern hinter ihm andere Schauspieler, die seine Zerrissenheit zeigen: Einfach das gute Essen und warme Bett genießen - oder doch lieber die Wahrheit sagen?

Immer wieder tauchen diese Stimmen aus dem Hintergrund auf, kommentieren das Geschehen, wägen das Für und Wider ab. Sehr geschickt arbeitet Regisseur Markus Höller, Theaterpädagoge der Wuppertaler Bühnen, mit Rhythmen. Er lässt seine Schauspieler als Pferdchen in die Hände klatschen oder einen Schnarch-Chor zelebrieren. Die Damen stolzieren hüftwackelnd vor dem angeblichen Grafen und haben sichtlich ihren Spaß dabei.

Das Premierenpublikum zollt jedem Auftritt mit reichlich Applaus Respekt. Und obwohl der "Graf" entlarvt wird, bevor er seinem angebeteten Nettchen den Fingerhut als Ring-Ersatz anstecken kann, endet die 45-minütige Geschichte mit einem zarten Happy End. Wieder und wieder müssen die Darsteller auf die Bühne kommen, der Applaus braust immer wieder auf.

Weitere Vorstellungen finden am Montag, 21. Juni, und Dienstag, 22. Juni, jeweils um 20 Uhr im Kleinen Schauspielhaus an der Bundesallee statt. Karten gibt es unter Telefon 569 44 44.

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