Jubiläum Eine Hostess und eine Königin aus Heckinghausen

Dörte Bald blickt auf 30 Jahre Barmer Küchenoper zurück. Und verspricht, dass weitere Aufführungen kommen werden

 Versuch einer Annäherung:  Dörte und Friedrich Engels (alias Hans-Werner Otto).

Versuch einer Annäherung:  Dörte und Friedrich Engels (alias Hans-Werner Otto).

Foto: andre Scollick/ANDRE SCOLLICK

Die Königin der Fröhlichkeit lebt in Wuppertal, genauer gesagt in Heckinghausen. Und heißt in Wirklichkeit Dörte. Vor mehr als zehn Jahren lud sie in dem Video „Beweg dich mal in Wuppertal“ zum Mitsingen und Mitmachen ein.

In der Corona-Krise wurde „Die Königin der Nacht“ zu einem viralen Hit im Netz. Dörte ist beliebt, das erlebte sie erst vor Kurzem im Haus der Jugend in Barmen – bei ihrer Show zum 30-jährigen Jubiläum der Barmer Küchenoper. „Das war der Wahnsinn“, sagt Dörte Bald, die all diese Figuren verkörpert.

Wie aber wurde Dörte Bald zu Dörte aus Heckinghausen und zu einem Wahrzeichen des Stadtteils? Eine von vielen Fragen, die sie im Gespräch (siehe Podcast im Kasten) beantwortet.

Am Anfang stand ein Geburtstag: Dörte Balds Bruder wurde 29 Jahre alt. Anlass für ein besonderes Geschenk, das ihm „in einem ärmlichen Park in Heckinghausen“ während der Kirschblüte „überreicht“ wurde. Verkleidet als „Heckinhauser Hostess“ in violettem, knappem Strickanzug, mit Seitenscheitel, Klämmerchen im Haar und Brille servierte Dörte ihm Knackwürstchen und Bier auf einem Campingtisch.

Der Bruder war so angetan, dass er seine Schwester bat, bei einem Auftritt seines Comedy-Duos Andy und Olaf im Ottenbrucher Bahnhof im Outfit der Dörte aus Heckinghausen eine CD-Gewinnerin zu mimen. Sie sagte zu und hängte auf der Bühne ein a cappella gesungenes Lied mit Refrain aus dem Poesiealbum dran.

Ein „Fremschäm-Auftritt“
und „der richtige Kick“

Der „Fremdschäm“-Auftritt brachte die Leute zum Lachen und gab ihr „den richtigen Kick“, um weiterzumachen. Dankbar für die Gabe, andere zum Lachen zu bringen: „Was für ein kostbares Geschenk ... ich liebe es, das an mein Publikum und die Menschen weiterzugeben.“ Es folgten Auftritte in der freien Szene, der Heimatschlager „Bergischer Löwe“ und eine CD. 1999 tat sich Dörte mit Rainer Wolf zur „Bergischen Seifenoper“ zusammen – von Anfang an im Rex Filmtheater und im Haus der Jugend. „Ein Knaller“ sei das gewesen, auf den sich die Leute stürzten. Und der doch 2004 eingestellt wurde.

In Dörte steckt die Freude am Singen, am Schlager und die Nähe zu den Menschen, die sie gern beobachtet. Etwa wenn sie in Barmen einkauft. Dass sie den heimischen Slang beherrscht, hat sie ihrer Mutter zu verdanken, die zwar wollte, dass ihre sechs Kinder Hochdeutsch sprachen, sie aber in die Grundschule Meyerstraße im Tal schickte, „sodass wir downtown waren“: „Wir liebten es, den Slang nachzumachen“, erinnert sie sich.

Aufgewachsen ist Dörte Bald im Musikantenviertel in Heckinghausen, „da, wo die Häuser einzeln stehen“, wohnt noch heute in ihrem Elternhaus. Sie betont, dass auch dieser Bereich zum Stadtteil gehört. Und leidet darunter, dass Heckinghausen einen schlechten Ruf hat. In den letzten Jahren habe sich freilich viel verändert – mittendrin Dörte Bald, die sich engagiert, damit die Menschen zueinander, die Menschen vom Berg ins Tal finden.

Nach dem Ende von Seifenoper und Figur kamen sieben Jahre Pause, notwendig gewordener Abstand von „Frau Dörte“. Und der Neustart zum 50.: 2012 zog Dörte in die Küchenoper. Mit einem Team, der Nachbarin Heidemarie (Birgit Pardun), deren Freund Günther (Thomas Lücke) aus dem fernen Elberfeld und dem Schlagersänger Alexander Löwenherz (Björn Krüger), den sie anhimmelte, bis er sich über ein „Muttimal“ als Bruder entpuppte.

Die Geschichten um sie schrieben sich manchmal leicht, immer herausfordernd, weil sie aufgebaut werden wollten, um den Leuten „Bock zu machen“, sie anzuschauen. Emotionale Geschichten, die die Menschen bei ihren eigenen Themen abholten – ob Liebeskummer oder erschlaffte Oberarme. Mit Gästen, die Farbe und Musik einbrachten, neue Figuren ermöglichten. All das sehr erfolgreich – von der ersten Folge an. Die Küchenoper wurde Kult.

Dörte Bald ist ein künstlerisches Multitalent, studiert hat sie Musik und Pädagogik. An der Musikhochschule an der Sedanstraße lehrt sie seit vielen Jahren Sprecherziehung. Obwohl die Stimme klassisch ausgebildet ist, blieb es bei einzelnen Ausflügen ins Oratorienfach, singt sie vor allem Schlager.

Ein Ausflug führte Dörte 2017 für zwei Spielzeiten ins Opernhaus, wo sie im Kronleuchterfoyer ihr Wohnzimmer einrichtete und „Hochkultur“ Menschen nahebrachte, die mit ihr fremdeln. Ein aufwendiges Format und eine Ehre, sagt sie, weil sie als Mittlerin gefragt war. Im März 2019 schloss sie Wohnzimmer und Küche.

Stattdessen erarbeitete sie ein Programm zum Engelsjubiläum. In der Corona-Pandemie musste es zweimal verschoben werden, bevor sie im Oktober 2021 mit Hans-Werner Otto als Engels die Küche wieder öffnete. Ein weiteres Highlight im Leben der Dörte, der es natürlich um den Menschen, nicht den Revoluzzer, Engels ging. Zuletzt, im Juni 2022, fand sich das Team zur Jubiläumsshow für zwei Auftritte wieder zusammen.

Geht es weiter? Es muss, weiß Dörte. Eine Liederparty-Ausgabe steht fest, die für den 19. und 20. November, vielleicht auch mit Andy und Olaf, im Haus der Jugend terminiert ist. Außerdem plant sie, mit engagierten Heckinghauser Bürgern im neuen Stadtteilzentrum ein Quartiersmärchen aufzuführen.

Im nächsten Jahr könnten einzelne, in sich geschlossene Folgen in der Küchenoper entstehen. Ohne Heidemarie, die ihren Abschied erklärt hat, aber mit einem Mann, mit Dörte aus Heckinghausen und vielleicht auch der Königin der Fröhlichkeit. Und auf jeden Fall mit viel Herz und Spaß.

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