Dieses Festival lebt die Inklusion

„KulturTandem“ lädt im November zu fünf Veranstaltungen der besonderen Art in Wuppertal ein.

Martin Fromme

Martin Fromme

Foto: Andreas Fischer/Suilian Richon/Timm Orthmüller

Wuppertal. An „Leute, die einfach Lust auf Kultur haben“, richtet sich ein Angebot, das im November Premiere feiert. Auf unkomplizierte Art und Weise soll Inklusion gelebt und nicht Betroffenen die Lebenswelt behinderter Menschen geöffnet werden — weil sich „Kunst und Kultur besonders gut dafür eignen“, ist die Geschäftsführerin der Färberei (Zentrum für Integration und Inklusion in Barmen), Iris Colsman, überzeugt. Hinter derlei Gedanken und dem Projekt stecken zwei engagierte Frauen, Iris Colsman und Iris Panknin.

Jürgen Scheugenpflug

Jürgen Scheugenpflug

Foto: Andreas Fischer/Suilian Richon/Timm Orthmüller

„KulturTandem — Das Festinklusival“ umfasst fünf Veranstaltungen, die jeweils einen Behinderten und einen oder mehrere Nichtbehinderte, die über einen hohen Bekanntheitsgrad verfügen, an einem Ort zusammenbringen, an dem Behinderte leben oder arbeiten. Iris Colsman hatte die Idee bereits vor mehreren Jahren, weil sie in ihrer Barmer Wirkungsstätte eh viel mit Kultur zu tun hat. „Beim KulturTandem geht es um das, was Inklusion ausmacht, dass gemeinsam und auf Augenhöhe etwas gemacht wird. Nicht, dass behinderte Menschen überall mit hin sollen. Man ,fährt’ zu zweit, nicht einer allein lenkt.“

Milton Camilo

Milton Camilo

Foto: Andreas Fischer/Suilian Richon/Timm Orthmüller

Bereits 2014 wollte Iris Colsman ihre Idee verwirklichen, doch erst nachdem die Färberei zusammen mit den Kollegen vom Velberter Verein Promobil das Kompetenzzentrum Selbstbestimmt Leben (KSL) in Düsseldorf im September 2016 bilden konnte, kam wirklich Bewegung in das Projekt. Denn es ergaben sich Fördermöglichkeiten (siehe Kasten). Hat das KSL doch — wie seine „Brüder“ in den anderen Regierungsbezirken des Landes — die Aufgabe, das selbstbestimmte Leben zu fördern, Berater zu beraten und sich für die Bewusstseinsbildung in der Öffentlicheit einzusetzen. Seit Juni erarbeiteten Iris Colsman und die Künstlerin Iris Panknin das Veranstaltungskonzept.

Nun treffen sich der Kabarettist und Komiker Jürgen Scheugenpflug und sein Kollege Martin Fromme am 15. November (20 Uhr) im Sanitätshaus Beuthel. Wo sonst Rollstühle repariert werden, bieten sie wortgewaltige Unterhaltung „zum Kranklachen“.

„Cap der guten Worte“ ist eine Lesung am 12. November (17 Uhr) mit dem Wuppertaler Autoren und Bühnenliteraten mit Hang zur Hypochondrie, Jörg Degenkolb-Degerli überschrieben. Im CAP-Frischemarkt Am Ringelbusch, wo sonst Behinderte arbeiten, tritt er gemeinsam mit Rene Naumann auf, der mit 22 Jahren einen Schlaganfall erlitt.

Der aus Brasilien stammende künstlerische Allrounder Milton Camilo bestreitet zusammen mit der neunjährigen Juna am 19. November (15 Uhr) die Veranstaltung „Tanz auf der Milchstraße“. Der Titel der Tanzperformance und Installation leitet sich aus der Örtlichkeit ab: Man trifft sich in der Proviel-Werkstatt. Im Anschluss an die Performance wird eine Ausstellung mit Bildern Camilos eröffnet.

In der Färberei selbst wird integratives Theater gemacht: Am 16. November (19.30 Uhr) begibt sich die Schauspielerin Silvia Munzón López zusammen mit Mitgliedern der integrativen Theatergruppe Bamboo auf die Suche nach dem „Glück“ und entwickelt so ihr gleichnamiges Stück weiter.

(Iris Colsman, Geschäftsführerin der Färberei)

Den Auftakt macht schließlich am 8. November (19.30 Uhr) ein Konzert. Das Acid-Jazz-Duo RoMi, Roman Babik und Mickey Neher, trifft auf die 25-jährige, nach einem Unfall im Rollstuhl sitzende, Lehramtsstudentin und Sängerin Jeannine Nowicki. Ort: das Haupthaus der Autismus-Lebensgemeinschaft in Vohwinkel.

So vielfältig und bunt das Angebot, so groß die damit verbundenen Hoffnungen der Macherinnen. Iris Colsman erzählt: „Wir würden gerne jedes Jahr dieses Format veranstalten.“ Nach dem Probelauf in Wuppertal, wo man sich auskenne, können andere Städte folgen. „Im nächsten Jahr könnte Düsseldorf dran sein“, meint Colsman und sammelt bereits Ideen für Veranstaltungen und Orte. Übernächstes Jahr könnte eine andere Stadt im Regierungsbezirk folgen — am Niederrhein oder im nahen Kreis Mettmann.

Damit Mensch und Mensch an ungewöhnlichen Orten gemeinsam Kultur machen und genießen können.

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