Wuppertaler Meisterwerke Else Lasker-Schüler und Jankel Adler: Verwandte im Geiste

Dieses „Bildnis Else Lasker-Schüler“ von Jankel Adler gehörte schon früh dem Barmer Kunstverein, wurde von den Nazis als „entartet“ beschlagnahmt. Es tauchte erst 1985 bei der Jankel-Adler-Ausstellung in Düsseldorf wieder auf, so dass das Von der Heydt-Museum es zurückkaufen konnte.

 Jankel Adlers „Bildnis Else Lasker-Schüler“ von 1924.

Jankel Adlers „Bildnis Else Lasker-Schüler“ von 1924.

Foto: VDHM

Jankel Adlers Bildnis der aus (Wuppertal-)Elberfeld stammenden Else Lasker-Schüler ist ein sehr besonderes Werk unserer Sammlung. In Berlin ist Jankel Adler (1895 in Polen – 1949 in England) der jüdischen Dichterin begegnet, wo er seit 1920 regelmäßig mehrere Monate verbrachte. Bald schon verband die beiden eine enge Freundschaft. Möglicherweise kannten sie sich bereits von einer Begegnung 1913/14 in Barmen; sicher ist aber, dass Adler 1920 im wichtigsten Berliner Künstlertreff, dem „Romanischen Café“, auf sie traf. Else Lasker-Schüler erkannte ihre Geistesverwandtschaft mit Jankel Adler und widmete ihm ein Poem, in dem sie seine dichterische Ausdruckskraft lobte und ihn als „hebräischen Rembrandt“ bezeichnete.

Als Reminiszenz an ihre erste Begegnung malte Jankel Adler Else Lasker-Schüler angelehnt an einen Kaffeehaustisch. Eingerahmt von einem schmalen Spiegel rechts und einem Tisch zur Linken, steht Lasker-Schüler dem Betrachter frontal gegenüber. Abgesehen von den zusammengelegten Händen beansprucht das Gesicht, das an Kinn und Wangen erste Altersspuren offenbart, die meiste Aufmerksamkeit. Ganz im Sinne der jüdischen Tradition trägt die Dichterin ein hochgeschlossenes Kleid, Kopfbedeckung und einen Ring mit Halbmond. Da der Monat nach jüdischer Zählung mit dem Neumond beginnt, mag dies einen Neuanfang Lasker-Schülers markieren. Gerade wurde sie von Herwarth Walden geschieden und hatte seitdem mit beruflichen Schwierigkeiten zu kämpfen, wovon vielleicht auch ihr melancholischer Blick zeugt. Der flächig verschachtelte Raum hinter ihr lässt in seiner Darstellung der Tapetenmuster, Holzmaserung und Spiegel mit gedrechseltem Rahmen eine Nähe zum Frühkubismus erkennen.

Dieses „Bildnis Else Lasker-Schüler“ von Jankel Adler gehörte schon früh dem Barmer Kunstverein, wurde von den Nazis als „entartet“ beschlagnahmt und tauchte erst 1985 bei der Jankel-Adler-Ausstellung in Düsseldorf wieder auf, so dass das Von der Heydt-Museum es zurückkaufen konnte. Was für ein Glücksfall für unsere Sammlung!

Denn Jankel Adler gilt im Künstlerkreis der Neuen Sachlichkeit als Ausnahmeerscheinung. Erst im vergangenen Jahr konnte das Von der Heydt-Museum dank großzügiger Förderung ein ganzes Werkkonvolut von seiner Hand erwerben: 548 Grafiken und vier Gemälde. Die Erwerbung ist für unser Haus von besonderer Bedeutung. Sie etabliert in der Sammlung einen neuen Schwerpunkt und verstärkt die Kompetenzen des Hauses bei der Dokumentation der Künstlervereinigung „Junges Rheinland“. Das Museum sieht sich damit der Erhaltung und Vermittlung des Werks von Jankel Adler in besonderer Weise verpflichtet.

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