Interview : „Die Diskussion mit dem Zuschauer ist wichtig“
Wuppertal. Schauspielintendant Thomas Braus sieht dem Ende einer intensiven Spielzeit entgegen und blickt voraus.
Menschen mit und ohne Beeinträchtigung sollen gemeinsam auf der Bühne stehen und professionell Theater spielen. Wuppertals Schauspielintendant Thomas Braus hat ein großes Ziel, dem er in Kooperation mit der Glanzstoff-Akademie der inklusiven Künste e. V. und der Hochschule für Musik und Tanz Köln, Standort Wuppertal durch finanzielle Förderung des Landes deutlich näher kommen will. Hinzu kommt ein Spielplan mit zehn Premieren, neuen Gesichtern im Ensemble und in der Regie. Im Gespräch mit der WZ verrät er, wie er das alles realisieren will, ob es einen roten Faden bei den Stücken gibt und wie wichtig ihm die Diskussion mit dem Publikum ist.
Wenn Sie die zu Ende gehende Spielzeit 18/19 kurz zusammenfassen sollten, was würden Sie sagen?
Thomas Braus: Im Moment würde ich sagen, sie ist sehr intensiv, weil wir zusätzlich zu unserem Spielplan ein großes Theaterfestival zum 150. Jubiläum von Else Lasker-Schüler realisieren. „IchundIch“ (Premiere am 6. Juli, Red.) wird ein Abenteuer, auf das wir uns sehr freuen.
Wesentliches Element der neuen Spielzeit ist die Inklusion.
Braus: Ziel meiner Intendanz ist, dass Menschen mit Behinderung und Menschen ohne Behinderung gemeinsam auf der Bühne stehen und professionelles Theater machen. Ich war mir mit dem künstlerischen Leiter von Glanzstoff, Bardia Rousta, von Anfang an einig, dass wir unsere Arbeit professionalisieren wollen. Aber auch das muss finanziert und nachhaltig gestaltet werden, was nun mit der Landesförderung (347 000 Euro, Red.) möglich ist. Wir wollen vier Menschen mit Behinderung drei Jahre lang so weit vorbereiten, dass sie in der Lage sind, an einem professionellen Theater spielen zu können. Meine Vision ist, dass Menschen mit Handicap selbstverständlicher Bestandteil eines Ensembles sind.
Das bedeutet für den neuen Spielplan?
Braus: Die Mitglieder des inklusiven Schauspielstudios werden im Laufe der Jahre in unsere Produktionen eingebunden. Bei der Spielplangestaltung haben wir uns im Wesentlichen mit der Frage auseinandergesetzt, wie unsere Gesellschaft mit dem Fremdsein, dem Anderssein, umgeht. Wer oder was ist uns fremd? Wo fühlen wir uns fremd? Wann werden wir uns selbst fremd? Was heißt Entwurzeltsein und was Ankommen? In Molières „Der Geizige“, entfremdet sich ein Mann durch seine Geldgier von seiner Familie. In „Bilder deiner großen Liebe“ (nach Wolfgang Herrndorf, Red.) erleben wir eine andere Sicht auf die vermeintlich normale Welt. Und in „atlas“ von Thomas Köck geht es um die Auflösung von Grenzen und der Zeit.
Gibt es personelle Veränderungen im Ensemble?
Braus: Julia Meier wird festes Ensemblemitglied, Kevin Wilke etwas später auch. Als Gäste treten Luise Kinner, Silvia Munzón López und Hans Richter auf.