Stiftung Er hat die frühkindliche Förderung fest im Blick

Der Unternehmer Rüdiger Theis ist Herz und Gründer der Winzig-Stiftung. „Kultur am Vormittag“ ist eines ihrer Projekte.

Wenn man Rüdiger Theis fragt, wie er das Thema „frühkindliche Förderung“ für sich entdeckte, dann antwortet der in der IT-Branche tätige Unternehmer, dass er seine ersten Personalerfahrungen in einer Zeit machte, in der es keine vorgezeichneten Ausbildungswege gab. Weshalb er sich mit den charakterlichen Eigenschaften der Menschen befasste und erkannte, dass hierfür die Lebensphase vor der Schulzeit prägend sei. Hinzu kam, dass er in den 1990er Jahren selbst Vater wurde und so sich persönlich für die geistig-seelische Entwicklung von Kindern zu interessieren begann. „Ich kannte mich mit der Entwicklung von Computern aus, und war neugierig, wie das mit dem menschlichen Geist ist“, erinnert er sich.

Rüdiger Theis ist geschäftsführender Gesellschafter der Wiesemann & Theis GmbH in Nächstebreck, einer, laut Eigenaussage, der Bergischen Region verpflichteten Firma mit 50 Mitarbeitern, die er 1979 zusammen mit Reinhard Wiesemann gründete. Rüdiger Theis ist zudem Gründer und Vorstand der Winzig-Stiftung, deren früheste Wurzeln in seiner Jugend zu suchen sind, als er im CVJM die Spendenkasse für ein Patenkind in der „Dritten Welt“ verwaltete und entschied, jeweils zehn Prozent seiner Einkünfte für diesen Zweck zu geben. Einkünfte, die mit der Zeit wuchsen. Mit ihnen das Spendenvolumen. Der Fokus wanderte dabei langsam weg von der Dritten hin zur Ersten Welt, „weil ich die Probleme im unmittelbaren Umfeld sah“. 2002/2003 schuf er mit der Winzig-Stiftung einen Rechtsrahmen dafür.

Der Name der Stiftung resultiert aus einer Erfahrung von Theis: „Das Streben des Menschen nach Macht und Einfluss geht mit dem Verlust von Freiheit einher“, erklärt der Unternehmer. Weil er aber die Freiheit schätze, suche er sie also im Kleinen, „überspitzt formuliert im Winzigen“. Winzig ist die Stiftung aber keineswegs, mit einem Gesamtetat von 300 000 Euro im Jahr, mit zirka 2000 Kindern, die im Projekt „Kultur am Vormittag“ erreicht, mit 100 Wichlinghauser Familien, die gezielt unterstützt werden.

Entspannte Eltern sind besser für die Entwicklung ihres Kindes

Aber der Reihe nach: Theis entwickelte sich über Kongresse allmählich zum (theoretischen) Fachmann, suchte zugleich nach praktischer Umsetzung. Über einen Artikel in der WZ wurde er auf die Familienhebamme in der Alten Feuerwache aufmerksam, deren Konzept ihm imponierte. Man kam zusammen, mittlerweile hat der Bund die Förderung übernommen. Diesem ersten Projekt folgte der „Winzig Dollar“, der einer weiteren Erkenntnis Rechnung trug: Im Sozialwesen sei der Kunde bedürftig, könne keinen Druck ausüben, der Geldgeber bestimme, was er kriege. Der „Winzig Dollar“, ein Zehn-Euro-Gutschein, dreht dieses Prinzip um. Wichlinghauserinnen mit Mutterpass können ihn gegen Leistungen eintauschen, die sie aus einem Angebotskatalog auswählen. Theis hat dabei die Entspannung der Mütter im Blick, um so eine gute frühkindliche Versorgung zu gewährleisten. Heute kooperiert die Stiftung mit der Stadt im Rahmen von „Geboren in Wuppertal“.

Projekt Nummer drei, „Kultur am Vormittag“ übernahm die Stiftung als „Seiteneinsteiger“: 2011 sprang sie für die Yehudi-Menuhin-Stiftung ein, nachdem die WZ über deren Insolvenz berichtet hatte. Beginn einer Kooperation mit der Stadt, die den frühkindlichen Fokus erweitert und gerade (wie jedes Jahr) bei einer offenen Woche nach außen trug, was sie kann: Aktuell sind etwa 74 Klassen in 13 Grundschulen und 24 Künstler beteiligt. Heißt: Ein Künstler gibt zusammen mit dem Klassenlehrer drei Jahre lang eine Doppelstunde pro Woche. Bedingung: Er/sie ist als Künstler/in authentisch und attraktiv, und die Kinder haben keine Ergebnisvorgabe bei ihrem Tun. „Der Lehrer erlebt so auch schwache Schüler als kompetent, nimmt sie an, was sich positiv auf den Lehreralltag und das Fortkommen des Schülers auswirkt.

Den größten Hebel will Theis bei einem neuen Projekt ansetzen, das den Trend zur U3-Betreuung in Kitas aufgreift und das Personal fortbildet. „Die Kita-Landschaft ist auf die Betreuung von Kindern, die jünger als drei Jahre alt sind, nicht vorbereitet, wir bilden gezielt Teams und Leitung fort und coachen sie.“

Am 20. Mai schließlich feiert die Mitmachoper „Sommernachtstraum“ von Britten Premiere, die die Winzig Stiftung ebenfalls fördert. Das Projekt setzt die erfolgreiche Zusammenarbeit von Künstlern um Gunda Gottschalk und Educationteam der Oper fort, die mit Strawinskys „Pulcinella“ 2016/17 begann. Beteiligt sind diesmal etwa 130 Kinder, die Schulen in sogenannten sozialen Brennpunkten besuchen und sonst wenig Gelegenheit haben, der Hochkultur zu begegnen. Theis: „Es geht darum zu verhindern, dass benachteiligte Kinder zu Hartz IV-Empfängern heranwachsen.“ Je früher gegengesteuert wird, desto besser.

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