Freies Netzwerk Kultur Der Sommer macht Pause, Kunst und Kultur gehen weiter

Der Kunst - und Kulturbetrieb muss und will bei laufenden Kosten weiter gehen - zum Beispiel mit dem „Somma‘“-Festival.

 Tine Lowisch von Freien Netzwerk Kultur.

Tine Lowisch von Freien Netzwerk Kultur.

Foto: CLAUDIA SCHEER VAN ERP

Seit Wochen fühlt es sich so an, als würde der Sommer Pause machen. Als wäre er selbst verreist. Normalerweise, also früher, legitimierte er, der Sommer, oft  Stillstand auf allen Ebenen und garantierte in vielen Prozessen und bei relevanten Themen, die die Weiterentwicklung einer Stadt betreffen, eine Art Vollbremsung. Da ging an verantwortlicher Stelle wirklich niemand mehr ans Telefon und so manche Email versandete.

Nach meinem Gefühl hat sich das jetzt geändert. Liegt es vielleicht daran, dass in dieser fortlaufenden Pandemie sehr viel mehr Menschen nun verantwortungsvoll zu Hause geblieben sind, sie ihre Energie in einem deutlich kleineren Radius wiederfinden und ihre freizeitlichen Kräfte besser zur Verfügung stellen? Wird die eigene, die freie Zeit, in den Sommermonaten von einigen anders genutzt als zuvor?

Der Kulturbereich, vor allem der frei organisierte, macht, vielleicht haben Sie es ja auch bemerkt, auf jeden Fall keine Pause. Das kann er sich gar nicht leisten, denn der selbstorganisierte Kunst - und Kulturbetrieb muss und möchte bei laufenden Kosten weiter gehen. Vereinzelt auftauchende, sehr kryptische und doch riesige Plakate, vor allem entlang der B7, deuten im Moment darauf hin und werben kräftig dafür, dass der „Somma‘“ wohl doch in der Stadt ist. Heute, sozusagen zur Halbzeit dieses Kulturfestivals, begebe ich mich dazu auf Spurensuche und versuche, dieses ambitionierte, mit Bundesmitteln finanzierte Wuppertaler Kultur Somma‘ 21 Ding in all seinen Facetten zu begreifen. Vielleicht schaffe ich es sogar, es begreifbar zu machen. Bei all dem, was parallel zu diesem riesigen Projekt auf diesen neuen Wuppertaler Bühnen sonst noch so passiert, ist das gar nicht so einfach.

Also: Das Somma‘ Festival ist ein dezentrales Format, das, so liest man, vor allem den freiberuflichen Künstlerinnen und der Veranstaltungsbranche nach den zermürbenden Kultur-Lockdowns der vergangenen Monate nun einen Neustart durch bereitgestellte Bundesmittel verschaffen soll. Wie Sie wissen, hat es den Kulturbereich in der Corona-Pandemie hart getroffen. Er leidet sehr unter den extremen Einschränkungen durch die Schutzmaßnahmen. Da machte sich seit März 2020 vielerorts oft Ernüchterung breit, die Verletzlichkeit der Kulturbranche trat seitdem an vielen Stellen und in vielen Städten offen zu Tage. So kam das im März 2021 neu aufgelegte Förderprogramm der Kulturstiftung des Bundes, das explizit Kulturveranstaltungen im öffentlichen Raum unterstützen will, wie gerufen. Es ist also eine Chance: Ergreifen wir sie.

Das hat sich die Kunststation, also mein Mann und ich, nach anfänglichem Zögern, auch gedacht. Wer ruft schon gerne guten Gewissens Bundesmittel ab, es sind doch Steuergelder. Und darüber hinaus war die Zeit sehr knapp, tatsächlich etwas Passendes zu entwickeln. Kein Problem für die Kunststation. Denn wir haben, sozusagen im Handumdrehen, ein tierisch ambitioniertes Projekt entwickelt. Ein Projekt, das Themenfelder, die aus unserer Sicht alle zusammengehören, mit künstlerischer Praxis, in Kooperation mit dem Grünen Zoo Wuppertal verhandelt.

So macht die Kunststation am 5. September von 9 bis 18 Uhr den Zoo zur Bühne. Wir werden dort mit 14 großartigen Künstlerinnen aus sechs Sparten nicht einfach nur auf einer Bühne stehen. Vielmehr wagen wir, wie man es von uns kennt, ein wirklich spannendes Experiment. Zugegebenermaßen eins, an dem man auch trefflich scheitern kann. Denn wir werden versuchen, den gesamten Grünen Zoo als Bühne zu performen. Dies wird bestimmt kein Spektakel, aber ich denke, es könnte wohl spektakulär werden. Und da ich fest daran glaube, dass die Poesie noch nach der Hoffnung stirbt,  finden zuletzt vielleicht Menschen und Tiere durch im Zoo durchgeführte künstlerische Interventionen eine gemeinsame Sprache und verständigen sich überaschenderweise darauf, wie es in friedlicher Koexistenz in Zukunft kulturell weitergehen kann.

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