Der erste Mörder war viel zu nett

Der Wuppertaler Professor Christhard Lück hat mit seiner Nachbarin Andrea Timm einen Inselkrimi im Kirchen-Ambiente geschrieben.

Der erste Mörder war viel zu nett
Foto: privat

Wuppertal. In einem Roman fände man diese Kombination übertrieben, aber die Realität treibt es manchmal eben doller als die Fiktion. Tatsache ist also, dass Christhard Lück, Professor für evangelische Theologie in Wuppertal, mit seiner Münsteraner Nachbarin Andrea Timm, Architektin und engagierte Katholikin, zusammen einen Krimi geschrieben hat — einen spannenden und richtig runden. Die Idee ist entstanden, als man bei einem Nachbarschaftstreffen ins Sinnieren kam, was man im Leben gern noch machen würde.

Timm und Lück waren die beiden, die einen Krimi schreiben wollten und sich spontan aufs Kirchen-Ambiente einigten. Eine Woche später mailte Timm einen Themen- und Personalentwurf an Lück. So schrieben und mailten sie weiter, bis der Mord an Pfarrer Ansgar van Halen aufgeklärt war.

Herr Lück, Frau Timm, Sie schreiben im Kirchenkontext und als erstes muss der Pfarrer dran glauben. Warum dezimieren Sie das eigene Personal?

Christhard Lück (lacht): Das hat praktische Gründe: Weil es besonders viel Aufsehen erregt und der Pfarrer mit vielen Leuten zu tun hat.

Andrea imm: Wir haben von Anfang an viel über Ökumene diskutiert, erst sollte der evangelische Pfarrer der Täter sein — davon ist der tote katholische Pfarrer übriggeblieben.

Woher nehmen Sie die kriminelle Energie für Mord?

Lück: Wir haben uns lange schwer getan, Pfarrer Ansgar zu ermorden, und uns erst mit vielen anderen Sachen beschäftigt. Aber man findet da hinein: Für einen möglichen zweiten Band planen wir etwa schon sechs Tote ein.

Timm: Wir haben uns erst nicht rangetraut. Dann war es aber relativ einfach, weil es nach einem Unfall aussieht. Mein Mann hat mich schon gefragt, ob er jetzt Angst haben müsste.

War es leichter, den Täter zu bestimmen?

Lück: Man erlebt beim Schreiben schon Überraschungen. So mussten wir mittendrin den Täter ändern, weil wir festgestellt haben: Derjenige, den wir dafür vorgesehen hatten, konnte es nicht sein, weil er uns viel zu sympathisch geworden war. Da mussten wir noch mal viel ändern.

Wie haben Sie überhaupt das Personal rekrutiert — nach Vorbildern aus der Nachbarschaft?

Lück: Das haben manche Nachbarn gefürchtet, haben wir aber natürlich nicht gemacht. Wir haben uns eher an Szenen orientiert, die wir irgendwo mal aufgeschnappt oder erlebt haben. Wir wollten ja bei allem Humor existenzielle Dinge des menschlichen Lebens zeigen — Angst, Trauer, Sehnsucht nach Vergebung, Menschen, die ihre Fehler oder Versäumnisse lange mit sich herumtragen.

Timm: Wir haben uns am Anfang grob Charakterzüge überlegt und sie mit jeder Erweiterung in einem Heft festgehalten. Für jede Figur haben wir ein Foto aus Zeitungen ausgeschnitten, damit wir beim Schreiben dasselbe Gesicht vor Augen haben.

Wie haben Sie praktisch zusammengearbeitet?

Lück: Wir sind im ständigen Schreibfluss geblieben, weil Andrea Timm vormittags schreibt und ich nachts. Jeder von uns hat eine eigene Schriftfarbe, in der er am Text weiterschreibt. Wenn der andere das gut findet , setzt er diese Passagen in schwarze Schrift. Stellen, die nicht gefallen, werden andersfarbig markiert, damit wir sie besprechen können. Es gibt keine Szene, die einer allein geschrieben hat. Wir haben meine Frau, ihren Mann und Freunde lesen lassen — sie können nicht sagen, was von wem ist.

Mussten Sie sich in manche Bereiche einarbeiten?

Lück: Bei den Ermittlertätigkeiten und allem, was die Leiche angeht, haben wir befreundete Polizisten gegenlesen lassen. Katholische Kollegen an der Uni habe ich schauen lassen, ob die liturgischen Details im katholischen Gottesdienst wirklich korrekt sind. Die Nachbarn haben abgestimmt, ob unsere weibliche Hobbyermittlerin Meike oder Svea heißen soll — eindeutig Svea.

Hatten Sie eine Durststrecke beim Schreiben?

Timm: Eigentlich nicht. Nach einem halben Jahr haben wir wohl zum ersten Mal gedacht, wir wären fertig, aber die Feinarbeit hat dann noch mal ein halbes Jahr gedauert. Ab Anfang August 2015 haben wir insgesamt 50 Verlage angeschrieben, im Oktober hatten wir dann schon einen Vertrag.

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