Wuppertal Debüt mit Pirat Smut und der Zauberkrake

Markus Welz ist neu in Müllers Marionettentheater: Er hat beruflich umgesattelt.

Wuppertal. Zwei Männer hatten am Dienstag um 10 Uhr erhöhten Puls. Günther Weißenborn von Müllers Marionettentheater, weil er erstmals ein Stück in andere Hände gibt; Markus Welz, weil er „Der kleine Pirat und die verzauberte Prinzessin“ nun in seine Puppenspielerhände nimmt und damit am Dienstag Vormittag sein Debüt vor Kindergartenkindern gab.

Frisches Blut müsse ins Theater, meint Weißenborn, schließlich sei er auch nicht mehr der Jüngste. Deshalb hat er mit seiner Frau Ursula ein richtiges Casting veranstaltet. Die Bewerbungen dazu mussten schriftlich eingereicht werden: „All die vielen Mails habe ich überhaupt nicht berücksichtigt. Das ist doch auch eine Frage der Haltung, ob man sich so bewirbt“. Aus den 25 ordnungsgemäßen Bewerbungen haben sie eine Auswahl zum Vorspielen eingeladen — „manche sind aus Berlin angereist“. Schließlich haben sie eine Puppenspielerin ausgewählt, die nach Ostern anfängt, „Pinocchio“ zu proben.

Markus Welz ist über Empfehlung zu Weißenborns gekommen — „er hat es einfach“, sagt der Hausherr über dessen Qualifikation.

Und einen 40-minütigen Monolog wie in diesem Stück traue sich auch ein Schauspieler nicht ohne weiteres zu. Zwar kann der 43-jährige Wuppertaler im neu inszenierten Kofferstück seine Nervosität nicht ganz verbergen, doch souverän lässt er den Piraten Smut, seinen Papagei Fietje, König Hatatumba und die Krake mit ihren acht Schlenkerbeinen agieren.

Fragt ein kleiner Junge anfangs mehrfach: „Was macht der Mann?“, hat Welz die Kinder bald in Bann gezogen, denn sein Timing sitzt. Er singt „Wir lagen vor Madagaskar“, er erzählt, wie Smut mit vier Kilometern Spaghetti und zwei Fässern Ketchup auf dem Piratenschiff „Ramona“ losfährt und einem Sturm trotzt, für den zwei kleine Besucher mit einem blauen Tuch ausdauernd wilde Wellen erzeugen.

Dann schaukelt er die strahlend orange Krake aufs Piratenschiff, die zwar nur „Blubb“ sagen, dafür aber mit ihrer Tinte schreiben kann, dass sie die verzauberte Prinzessin Balipilutsi ist. Smut erlöst sie mit einem Kuss — was nicht bei jedem auf Verständnis stößt. „Ich hätte die Krake nicht geküsst“, stellt ein Junge beim Herausgehen klar. Manche Prinzenkarrieren müssen eben erst reifen.

Ursula und Günther Weißenborn haben die Kofferstücke erfunden — „vor 30 Jahren haben wir in Wuppertal damit angefangen“. Die komplette Bühne inklusive Umbau-Utensilien, damit zum Beispiel aus dem Schiffsmast eine Bananen-Palme wird, passt in einen großen, altmodischen Koffer. Der dient zugleich als Bühnenboden- und hintergrund. Die Puppen und die Technik werden in Taschen verpackt — fertig ist die mobile Puppenbühne, die Kindergärten und Schulen buchen können.

Die Nachfrage sei relativ groß, sagt Weißenborn. Vier Stücke aus dem Koffer hat er derzeit für die ganz jungen Zuschauer im Repertoire: Neben dem kleinen Piraten, den er 2010 geschrieben hat, sind das „Der gestiefelte Kater“, „Rumpelstilzchen“ und „Pinocchio“.

Für Markus Welz hat am Dienstag ein ganz neuer Berufsweg begonnen. Er kommt eigentlich aus dem kaufmännischen Bereich, hat aber immer versucht, „Kunst und Figurentheater zu verbinden“, sagt er. Meist hat er bisher Straßentheater gemacht, ist zuletzt aber aufs Figurentheaterkolleg in Bochum gegangen, „um mich zu professionalisieren“. Die Gelegenheit dazu nutzt er auch in der Praxis, in den drei Wochen vor der Premiere hat er intensiv geprobt. Günther Weißenborn: „Immer wenn ich ins Theater kam, war er schon bei der Arbeit.“

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