Premiere : Despoten fallen nicht vom Himmel
Das Wuppertaler Schauspiel inszeniert Shakespeares „Richard III.“ und zeigt eine grelle Gesellschaftskritik.
Die Faszination des Bösen hat schon viele kluge Köpfe beschäftigt. Ohne dass sie diese erschöpfend ergründet hätten. William Shakespeare hat ihr um 1592 mit dem Drama „Richard III.“ ein literarisches Denkmal gesetzt. Sein skrupelloser, mordender Teufel ist anziehend und abstoßend zugleich, verführt, intrigiert in einer verrohten und kranken Gesellschaft, die genau wie er nach Macht giert. Längst kann keiner mehr zwischen Wahrheit und Unwahrheit unterscheiden. Dem Aufstieg folgt der tiefe Fall. Er scheitert schließlich an sich selbst und der Tatsache, dass Gewalt keine wirkliche Macht schaffen kann.
Keine bequeme, die Nerven schonende Unterhaltung
Der Tyrannenmord im England Shakespeares ist jedoch keine Blaupause für die Zukunft der Trumps, Erdogans und Kim Jong Uns unserer Zeit. Auch die Inszenierung Henri Hüsters für das Schauspiel Wuppertal, die am Wochenende Premiere im Theater am Engelsgarten feierte, gibt dem Zuschauer keine Hoffnung. Zeigt zugleich, dass Theater auch einfach nur spielfreudiges Spektakel sein kann.
Man kann Shakespeares „Richard III.“ als Menschenstudie, als Gesellschaftskritik, als nachträgliche Legitimation der Tudor-Dynastie oder als Stück über das Theater verstehen. Das masterpeace of propaganda verhandelt über eine bestimmte Zeit und ist doch zeitlos. Vielleicht wird es gerade deshalb gern und immer wieder anders aufgeführt, die Titelrolle ist eine der schwierigsten und reizvollsten auf der Bühne.
Die Wuppertaler haben in ihrem Intendanten Thomas Braus einen genialen Richard, der die Perfektion der Skrupellosigkeit ebenso verkörpert wie den damit einhergehenden Wahnsinn, den Realitätsverlust und die Schwäche für Anerkennung. Dabei agiert er nicht als Solitär, sondern als Teil einer Gruppe, die er freilich lange vor sich hertreibt, weil er nun mal verschlagener, zynischer und diabolischer ist, die Regeln des bösen Spiels, der schmeichelnden Manipulation, die die Schwächen und Eitelkeiten der anderen ausnutzt, besser beherrscht. Alle Schauspieler – das Ensemble agiert überzeugend und kraftvoll – sind an diesem Abend Richard, nur (lange Zeit) weniger erfolgreich.
Vor der blutverschmierten Wand, die die Schauspieler in der Pause zugunsten einer verzerrenden Spiegelfläche nur dürftig reinigen (Unschuld lässt sich so nicht erreichen), stellen sie sich in Reih und Glied zur Bewerbung auf: Hanna Rode hat sie in hautfarbene Thrombosestrümpfe, Kompressionsunterwäsche und andere verunstaltende Kokons gesteckt, ihre Haare sind abgeklebt.