Schauspiels Wuppertal Plakative und klare Aussage zum Stück

Das Schauspiel arbeitet mit der Comicbildsprache in seinem Programmheft 2020/21 – das nun auch in gedruckter Form vorliegt.

 Präsentieren das neue Spielzeitheft mit seinem neuen Outfit: Lena Gruschka,   Julian Rasmus Grüter und Thomas Braus.

Präsentieren das neue Spielzeitheft mit seinem neuen Outfit: Lena Gruschka, Julian Rasmus Grüter und Thomas Braus.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Aus einer blau gepunkteten Wolke heraus strebt eine geballte Faust. Feder, Pfeil, Herz und Patrone fliegen wild darum herum. Die popartige, an die Kunst Roy Lichtensteins erinnernde Zeichnung bedient sich greller Farben, springt ins Auge. Gestaltet hat das Titelbild des Spielzeitheftes 2020/21 des Schauspiels Wuppertal „GK+ Brand Strategy, Design and Innovation“.

„Als die Coronakrise begann, fehlte das Cover. Wir haben zunächst an einen Mundschutz gedacht, dann aber die Wolke genommen“, erklärt Lena Gruschka, die zusammen mit Johannes Kramer die Wuppertaler Agentur leitet. Die Wolke - Sinnbild fürs Nebulöse und Ungewisse, das auf die Krise genauso zutreffe wie auf das Theater, das sich ebenfalls verändere, ohne zu wissen, wo es landen werde. Die Comicbildsprache arbeitet dem mit klaren und einprägsamen Aussagen entgegen.

Seit seinem Dienstantritt hat Schauspielintendant Thomas Braus ein Auge auf die Gestaltung der Programmhefte. Jeder Jahrgang soll für sich selbst und zugleich für eine Weiterentwicklung sprechen. Begonnen wurde 2017/18 mit dem leeren Raum, den Braus mit dem Spiel auf der Bühne füllen wollte, ­ also ließ er das Ensemble in den leeren Räumen des ehemaligen Kinocenters im hinteren Teil des Concordia-Hauses in Barmen ablichten. In der zweiten Spielzeit wurde der Raum ins Stadtgebiet erweitert, die Schauspieler in verschiedene Locations gestellt. 2019/20 schließlich waren nur noch sie selbst das Motiv, die jeweilige Farbgebung des Bildes wurde analog zum Stück gewählt.

„Damit schließt sich der Kreis“, sagt Braus und leitet zum optischen Wechsel für 2020/21 über. Das neue Heft stellt nicht mehr die Schauspieler in den Mittelpunkt und setzt Illustrationen an die Stelle der Fotos. Die neue Stoßrichtung sei durch das Engels-Jubiläum mit den Themen „Revolution und Solidarität“ vorgegeben und knüpfe nur in der Farbigkeit ans letzte Heft an, ergänzt Julian Rasmus Grüter, der die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit am Schauspiel verantwortet.

Neue Stoßrichtung im
Engels-Jubiläumsjahr

Für die neue Stoßrichtung setzt das Schauspiel die Kooperation mit GK + („IchundIch“ 2019) fort, die gezielt Grafiken für die Stücke des Programms entwickelte. Mit Anekdoten aus dem jeweiligen Theaterstück – plakativ, popartig und die Aufmerksamkeit erhöhend. Wofür sich Illustrationen eben besser eigneten als Fotos, ist Gruschka überzeugt.

In vielen Gesprächen und engem Austausch mit dem Schauspiel und zugleich viel Gestaltungsfreiheit entstand ein Heft, „das richtig gut durchdekliniert und leicht verständlich sei, so Gruschka. Und Braus schwärmt für die Teamarbeit, die sehr kreativ verlaufen sei

14 Illustrationen zu 14 Stücken (Premieren und Wiederaufnahmen) verteilen sich auf die Seiten. Beispiele: Bei Hauptmanns „Die Weber“ (Premiere: 2. Oktober) herrscht ein Tumult aus Händen, Beil, Patrone, Schere und einer Garnspule. Abdel-Masouds „Café Populaire“ (Premiere: 9. Januar) wird durch einen gruseligen Clownsgesichtsausschnitt illustriert, weil die Protagonistin des Stücks als böser Clown Furore macht. Tschechows „Drei Schwestern“ (Premiere: 27. Februar) geben drei Matruschkas ein Gesicht. Büchners “Dantons Tod“ (Premiere: 22. Mai) wird durch eine Guillotine vertreten.

„Wir setzen bewusst auf eine plakative, dynamische Darstellung“, erklärt Gruscka und lobt das dafür nötige progressive Vorgehen des Schauspiels, das die oft standardmäßige Selbstdarstellung Wuppertals hinter sich lasse. Und dazu führe dass der Betrachter anders hinschaue. Zugleich seien die Bilder denkwürdig und nicht oberflächlich, sie seien voller Details und hätten viele Bezüge zum Stück. Dennoch sei der Betrachter natürlich völlig frei in der Interpretation. „Wir wollen mit Sehgewohnheiten brechen, spannend und irritierend wirken, ohne verletzten zu wollen“, bestätigt Braus und zieht eine Verbindung zur Coronakrise. Normales Theater, ein Weiter so seien nicht möglich.

Die Schauspieler kommen dabei aber nicht (ganz) zu kurz. Auf der Bühne sowieso, aber auch im Heft: Ihre Porträtfotos sind Thema einer Doppelseite. Und sie prangen überlebensgroß am Zaun zwischen Opern- und Konzerthaus.

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