Ruhestand Kunst gehört bei städtischen Planungen dazu

Expertin Carmen Klement vom Von der Heydt-Museum geht in diesem Jahr in den Ruhestand.

Carmen Klement kennt sich mit der Kunst im öffentlichen Raum Wuppertals b estens aus.

Carmen Klement kennt sich mit der Kunst im öffentlichen Raum Wuppertals b estens aus.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Kunst im öffentlichen Raum (KiöR) ist ein sperriger und zugleich wichtiger Begriff. Bringt er doch die Kunst zu den Menschen und beeinflusst die Lebensqualität einer Stadt. In Wuppertal ist der Begriff eng mit einem Namen verbunden: Carmen Klement, die Mitarbeiterin des Von der Heydt-Museums ist. Ende Mai geht die Kulturwissenschaftlerin in den Ruhestand. Ein Gespräch über ihr berufliches Leben ist immer auch eines über KiöR oder, mit Klements Worten, über „eine Form der Interpretation des Stadtraums aus Sicht eines Künstlers“.

In ihrem Eckbüro im Verwaltungsgebäude Elberfeld hängt ihre „Wand der gegenwärtigen Arbeiten“. Eine mehrere Meter große Pinnwand, die den Recherchestand zu den, meist zu reparierenden, Skulpturen im Stadtgebiet festhält. Vom eingezäunten, weil brüchigen Bury-Holzobjekt „Elastisch-Schwebend“ unterhalb der Schwimmoper über Ulle Hees’ Spielbrunnenfigur, die auf dem Terrassengelände über der Tiefgarage an der Kasinostraße steht und gerne, wie die Mauer selbst, besprüht wird (was dem einen mehr, dem anderen weniger gefällt), bis hin zur maroden Bergischen Sonne Klaus Rinkes, die auf dem Gelände des gleichnamigen, ehemaligen Spaßbades in Lichtscheid vergessen wurde.

Dass bei der KiöR immer wieder Vandalismus eine Rolle spielt, ist für Klement kein kunstspezifisches Problem, sondern steht für „ein Aggressionspotential, das es in den Städten nun mal gibt und das sich gegen das richtet, was gerade da steht“.

Kunst im öffentlichen Raum sollte wohl überlegt sein. „Ich finde, dass man aus ganz unterschiedlichen Zeiten und mit unterschiedlichen künstlerischen Ansätzen Kunst im Stadtgebiet verteilen sollte“, sagt Klement, denn die Kunst spreche über ihre (Entstehungs-)Zeit, sei kulturelles Erbe. Rekonstruktionen von alten Denkmälern sollten deshalb sehr vorsichtig und nur dann erfolgen, wenn ursprüngliche Teile des Objekts vorhanden seien. Alles andere wäre abhängig vom heutigen Umgang mit einem Thema und dem ausführenden Künstler. Ein Negativbeispiel in dieser Hinsicht ist für Klement das Armenpflegedenkmal vor der Citykirche. Von der 1903 eingeweihten Skulptur Wilhelm Neumann-Torborgs gab es nur noch Fotos. Einzige Basis für das 2011 erschaffene Werk.

Beratung mit viel Sachverstand, aber ohne Macht und Budget

Carmen Klements Aufgabe im Bereich der Wuppertaler KiöR ist die Beratung. „Ich berate Bezirksvertretungen, Kulturausschuss und Stadtrat in allen Fragen von Kunst im öffentlichen Raum. Von der Anschaffung, etwa durch eine Schenkung, über ihre Restaurierung bis hin zur Aufstellung.“ Mit viel Sachverstand, Erfahrung, aber ohne Macht und Budget. Außerdem betreut sie die Foto- und die Plastiksammlungen des Von der Heydt-Museums, erstellt dessen Jahresbericht. Alle drei Bereiche sind für sie etwa gleich bedeutsam, gleich interessant und stehen - je nach Arbeitsanfall - mal mehr, mal weniger im Vordergrund.

In Wuppertal ist Carmen Klement schon lange. Sie kommt aber aus dem Oberbergischen, studierte in Bonn Kunstgeschichte, Literatur und Sprachwissenschaften mit Schwerpunkt auf Philosophie und Kunst. „Mich hat immer interessiert, wie eine Radierung gemacht wird, wie man mit Farbe umgeht“, erklärt sie.

Nach Wuppertal kam sie, weil hier die ehemalige Werkkunstschule in die Universität integriert worden war und sie nicht nur wissenschaftlich studieren, sondern auch praktisch arbeiten konnte. Nach dem Studium und einer bewussten Familienphase kehrte sie 1994 - als ihr jüngstes Kind eingeschult wurde - ins Berufsleben zurück. Schöner wie gelungener Einstieg war eine Ausstellung über Else Lasker-Schüler in der Von der Heydt-Kunsthalle Barmen, die sie mitorganisierte. Es folgten Projekte für das NRW-Kultursekretariat, die stellvertretende Leitung des Kulturbüros und vor zehn Jahren schließlich die Stelle im Von der Heydt-Museum.

Ihr Lieblingsprojekt war
und ist „Sichtweisen“

Fragt man Carmen Klement nach einem Lieblingsprojekt, muss sie nicht lange nachdenken. „Sichtweisen“ holte 2007 als temporäre Ausstellung Kunst ins Stadtgebiet mit profilierten, erfahrenen Künstlern, die interessante Aspekte der Stadt aufzeigten. Zwei Objekte wurden im Anschluss erworben, nachdem man sechs Monate lang ihre Wirkung am jeweiligen Standort hatte erleben können: Harald Klingelhöllers „Whypop“, das heute auf dem Kreisverkehr am Hofkamp steht, und Tony Craggs „I’m alive“, das zwischen den Fahrspuren der B7 in der Nähe der Oper glänzt.

Klement hätte gerne auch Ina Webers Bushaltestelle für die Stadt erhalten wollen, die vor dem Cinemaxx an der Kluse aufgebaut worden war und heftige Diskussionen ausgelöst hatte. Aber die Finanzierung scheiterte. Die stand/steht wohl bislang auch einer Wiederholung der „Sichtweisen“ im Wege. Klements Wunsch: Die Stadt sollte sich eine Position zur KiöR gönnen und Gelder, um selbst zu entscheiden, was sie will: Bei dieser Entscheidung sollte „für Qualität gesorgt werden, wofür der künftige Standort angeguckt und die Öffentlichkeit einbezogen werden muss“.

Insgesamt habe Wuppertal aber einen guten Mix - von Zeugen des bürgerlichen Gestaltungswillens aus dem 18. und 19. Jahrhundert bis zu Ekkehard Lowischs fünf Säulen am Vohwinkeler Bahnhof oder Tony Craggs Domagk-Skulptur vor dem Zoo. Klement plädiert für weitere Kunst aus heutiger Zeit.

Sie ist froh ist, dass nun eine Kommission für Kunst im öffentlichen Raum eingerichtet wird, der sie ein Budget wünscht, damit sie „Ausschreibungen und Ausstellungsprojekte machen und, zusammen mit Stadtplanern, ein verbindliches Konzept entwickeln kann“, nach dem entschieden werde, wo welche Kunst hinkomme: Schon bei den städtischen Planungen müsse überlegt werden, welche Kunstentwicklung man für relevant halte, müsse man Künstler einbeziehen, sagt Klement und nennt ein aktuelles Beispiel. „Wenn man zum Beispiel die Bundesgartenschau plant, könnte man überlegen, welchen Anteil Kunst dabei bekommen soll.“

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