Bonnard: Meisterwerke, Magie und Hindernisse

Auf Claude Monet folgt Pierre Bonnard: Das Von der Heydt-Museum zeigt farbenfrohe Bilder und bezeichnende Selbstporträts.

Wuppertal. "Der Landungssteg von Cannes" ist in Wuppertal angekommen. Dort soll er auch bleiben - ganze fünf Monate lang. Bis Januar ist die Leihgabe aus der Schweiz im Von der Heydt-Museum zu finden. Denn die Rahmenbedingungen stimmen: Der gemalte Steg befindet sich in bester Gesellschaft - umrahmt von insgesamt 180 Gemälden, Zeichnungen und Lithographien, die allesamt beweisen, dass Pierre Bonnard ein "Magier der Farbe" war.

Weiß ist der Strandsteg, auf dem Flaneure den Blick sehnsüchtig in die Ferne schweifen lassen, blau schimmert das Meer, golden glänzt der Rahmen: "Der Landungssteg von Cannes" ist nicht einfach nur ein Schmuckstück. Das Bild ist auch ein Beweis dafür, wie "intensiv Bonnard an seinen Gemälden gearbeitet hat". Museumsleiter Gerhard Finckh muss es wissen. Am Sonntag eröffnet er die Bonnard-Schau, die (nicht nur) den Landungssteg von Cannes nach Elberfeld holt.

"Das Gemälde zeigt ganz deutlich, dass Bonnard wirklich ein Magier der Farbe war", erklärt Finckh mit Blick auf den Strand. "Die Farben sind alles andere als willkürlich gesetzt. Bonnard hat sich genau überlegt, wie er sie komponiert." Das hat Zeit gekostet, sich am Ende aber ausgezahlt: Fast sieben Jahre lang feilte er an dem Auftragswerk, das zwischen 1928 und 1934 entstand.

Nun bekennt auch das Von der Heydt-Museum Farbe: Mit rund 70 Leihgebern hat Finckh erfolgreich verhandelt. So schickte die Französische Botschaft eine große "Tischecke" aus Washington nach Wuppertal. Normalerweise bekommen nur Mitarbeiter und Gäste der Botschaft das Meisterwerk des Magiers zu sehen. Bis zum 30. Januar aber können Museumsbesucher den gedeckten Tisch in Elberfeld bewundern.

Auch am Pariser "Place de Clichy" (1912) dürfen Museumsgäste Platz nehmen. "Das Bild ist das Prachtstück der Ausstellung", schwärmt Finckh. "Man hat das Gefühl, dass man in einem Café sitzt und durch die Fensterscheibe hinausschaut. Erst dahinter kommt die eigentliche Welt, in der sich das Leben abspielt." Die Szene ist typisch für Bonnards ausgetüftelte Malerei: Der Franzose setzte am liebsten auf Schutzräume, Spiegelungen und Fensterblicke.

Seine Leidenschaft für leuchtende Farben steht im interessanten Gegensatz zu seinen eher düster wirkenden Selbstporträts: Streng wirkt der Maler, ernsthaft und steif. "Er hielt sich am liebsten drinnen auf", erklärt Finckh. "Manche nannten ihn stumm. Auf jeden Fall war er ein herber, asketischer Typ." Und damit ganz anders als die meisten Figuren, die er malte.

Als Zeuge des Kommens und Gehens auf den großen Pariser Plätzen und Boulevards wurde Bonnard berühmt. Private Einblicke gibt’s nun im Tal. Dazu zählen "Lesende Kinder": Das Bild seiner Neffen Charles und Jean Terrasse findet sich am Turmhof genauso wie Ansichten seiner Frau Marthe und Landschaftsszenen aus der Normandie. Dort, ganz in der Nähe von Giverny, zog sich der gefeierte Künstler zurück.

Mit Monet, den er regelmäßig besuchte, teilte er das Interesse an der Natur. Trotzdem gibt es große Unterschiede: Bonnard setzte mit Vorliebe Stuhllehnen und Fensterrahmen ein, um den freien Blick zu bremsen und mit den gängigen Gesetzen der Perspektive brechen. Finckh sieht es so: "Bei Monet kann man in den Seerosenteich springen, bei Bonnard gibt es immer ein Hindernis."

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