Wuppertaler Kultur Ein närrischer Engels

Börse wagte Spagat zwischen dem Rebell des 19. Jahrhunderts und dem Karneval.

 Die Gäste kamen im Stile des 19. Jahrhunderts verkleidet.

Die Gäste kamen im Stile des 19. Jahrhunderts verkleidet.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Der Karneval ist dieser Tage genauso omnipräsent wie der Beginn des Engels-Jahres. Gerade diese beiden Themen zusammen zu bringen, erscheint auf den ersten Blick ungewohnt. Und doch hat die Börse genau diesen Spagat gewagt; im Zeichen des Rebells aus dem 19. Jahrhundert wurde sich am Freitag die Pappnase aufgesetzt. Lukas Hegemann, Geschäftsführer der Börse, erklärte, dass den gebürtigen Barmer mit dem heutigen Karneval mehr verbindet, als es zunächst scheinen mag. Seine Meinung, dem Volk gebühre die Macht, wird auch in der fünften Jahreszeit – zumindest vorübergehend – umgesetzt. Den Mächtigen in die Parade zu fahren, sei für Friedrich Engels und die Karnevalisten gleichermaßen wichtig, so ergänzte Rainer Lucas, Kurator der Stadt Wuppertal für das Engels-Jahr.

Die Gäste kamen kunstvoll im Stile des 19. Jahrhunderts verkleidet an die Wolkenburg, um unter dem Motto „Verkehrte Welt“ den Karneval anders zu feiern. Statt Sitzungssaal gab es zwei Tanzflächen, auf denen alles, nur keine Schlager gespielt wurden. Statt Büttenrede gab Harry Cremer Auszüge aus seinem Programm „dieses Jahr werd‘ ich 200“, natürlich mit Zylinderhut. Sogar thematisch passende Getränke wurden serviert. Dass Friedrich Engels bis heute nichts an Aktualität verloren hat, zeigten Mitglieder des jungen Börsenensembles, die einen Einblick in ihr Stück „Vom billigen Stoff – Engels vs. Primark“ gewährten. Schaue man heute auf Textilstandorte wie Bangladesch, sehe man viele Gemeinsamkeiten mit dem England, in dem Engels seine Überzeugungen festigte. Ohnehin sei es naheliegend, Utopien aus der damaligen Zeit auf unsere Gesellschaft zu beziehen, so Lucas. Ob es um die Ausbeutung der Arbeitskräfte oder, wie in der aktuellen Klima-Debatte, um die Ausbeutung der natürlichen Ressourcen gehe; die Gemeinsamkeiten seien vorhanden. Weil vom berühmten Sohn des Wuppertals überliefert ist, dass auch er gern und oft feierte, scheute sich die Börse also nicht davor, Engels närrisch in Szene zu setzen. Denn, dem Motto des Abends entsprechend, gehe es laut Hegemann vor allem darum, die Verhältnisse auf den Kopf zu stellen.

Natürlich bleibt die Börse im Engels-Jahr weiter engagiert: Ab Juni wird „Vom billigen Stoff“ aufgeführt und im September locken unter anderem ein Poetry-Slam-Wettbewerb und ein Open-Air-Festival mit namhaften Künstlern.

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