Bildinterpretation: Auf dem Weg zu neuer Lebenskraft

Das Motiv von Ferdinand Georg Waldmüller passt perfekt zu Ostern: Im Von der Heydt-Museum zeigt der Maler, wie Mensch und Natur im Frühjahr aufatmen.

Wuppertal. Wer sucht, der findet. Im Idealfall ein Ei, mitunter aber auch eine Erkenntnis. Die gibt es an Ostern zum Beispiel am Turmhof: Wer kunstvolle Einsichten sucht, kann sie im Von der Heydt-Museum entdecken.

Denn kaum ein Bild passt besser zum Fest der Auferstehung als das Ölgemälde eines Österreichers: Ferdinand Georg Waldmüller (1793-1865) bannte "Das Wiedererstehen zu neuem Leben" auf Leinwand. "Der Winter geht, der Frühling kommt", bilanziert Museumsleiter Gerhard Finckh mit Blick auf das Biedermeier-Bauernhaus.

Doch natürlich geht es um mehr als "nur" um den Wechsel der Jahreszeiten: Die Szene, mit der Waldmüller 1865 Farbe bekannte, zeigt, wie eng Leben und Tod, Künstlerschicksal und Motivwahl miteinander verknüpft sein können.

Unmittelbar vor seinem Tod skizzierte der Maler "Das Wiedererstehen zu neuem Leben" - und damit eine junge Bäuerin, die Lebenskraft gewinnt. Allein der ursprüngliche Titel lässt eine gesunde Entwicklung vermuten: Ein Mann führt "Die Wiedergenesene" nach langer Krankheit aus dem Dunkel des Hauses ins erste Sonnenlicht.

Die warmen Strahlen lassen auch andere aufblühen: Am rechten Bildrand wachsen Sträucher und Bäume, am linken warten bereits zwei Mädchen mit Kissen auf die Bäuerin, für die ein Platz auf der Bank an der Hauswand reserviert wird. Und noch mehr kindliche Lebenslust kommt auf sie zu: Ein kleines Mädchen und zwei Jungen gehen ihr entgegen, ein weiterer schaut neugierig zu.

Wo Licht ist, ist aber natürlich auch Schatten. Und so braucht man keine allzu blühende Phantasie, um zu erkennen, wer hier seine Äste im lichten Spiel hat: Beschattet wird die Szenerie von einem Apfelbaum, der den erwachenden Frühling mit der ganzen Kraft seiner noch dünnen Blätter symbolisiert. Seine Zweige werfen Schatten auf den wenig bewachsenen Boden vor dem Haus, lassen aber genug Sonnenlicht für die Kranke hindurch, die sich nach Luft und Wärme sehnt.

"Das Wiedererstehen zu neuem Leben" trifft auf Mensch und Baum zu. Von der Rückkehr ins Leben ließ sich Waldmüller also gleich mehrfach inspirieren. Für den einstigen Star unter den Malern des Biedermeier war das Heraustreten aus der dunklen Stube "eine Art Befreiung von den Mühsalen des Lebens", wie Finckh weiß.

Aufschlussreich ist auch die Kleidung der Figuren. Finckh hüllt deshalb keinen Mantel des Schweigens über das düstere Karriereende des Künstlers, der zuletzt verarmte. Die Kleiderwahl "seiner" Bauern bringt es ans Licht: Die Farben der französischen Trikolore kann man getrost auf Waldmüllers Revolte gegen die Wiener Akademie beziehen.

Durch einen Streit hatte Waldmüller seine Stelle als Kustos und sein Gehalt verloren, doch im Jahr vor seinem Tod wurde seine kleine Pension "aus Gnade" aufgestockt. Vielleicht scheint sein Bild auch deshalb voller Hoffnung auf bessere Zeiten zu sein.

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