Bildhauer stellt die Preis-Frage: Welchen Wert hat Kunst?

Tauschgeschäft: Bodo Berheide wagt ein Experiment: Wer ein Kunstwerk bestellt, kann selbst entscheiden, was er im Gegenzug gibt.

Wuppertal. "Geistesblitze kann man immer gebrauchen", sagt Bodo Berheide. Recht hat er. Dabei hat der Bildhauer nicht nur blitzschnell einen passenden Kommentar parat, wenn er - alles andere als oberflächlich - den tieferen Sinn seiner Kunstwerke erklärt.

Der Wuppertaler hat auch gleich verschiedene Motive im Angebot. Neben dem Blitz, der die ersten Prototypen seiner sogenannten Creoden ziert, gibt es eine kleine tierische Auswahl an weiteren Stempel-Aufdrucken: Schildkröte und Wal stehen bereits in den Startlöchern.

"Jeder, der eine Creode bestellt, kann aber auch eigene Motive vorschlagen", verspricht Berheide. Der Künstler hat just ein neues Projekt gestartet - mit bislang drei Motiven: Blitz, Schildkröte und Wal.

Dass ein Bildhauer Abnehmer für seine Werke sucht, liegt in der Natur der Sache. Ungewöhnlich wird die Aktion allerdings dadurch, dass Berheide eine recht eigene Vorstellung davon hat, was ihm sein neues Projekt einbringen soll. Er erwartet einen ganz besonderen Gegenwert: kein Geld, sondern "eine Einladung zum Abendessen, ein selbstverfasstes Gedicht, oder einen freundlichen Augenblick".

Das höfliche Angebot, sich geschmackvoll oder poetisch für eine Creode bedanken zu können, hat einen guten Grund: "Es wird immer so viel über den Marktwert von Kunstwerken geredet. Wie viel hat ein Picasso eingebracht, was ist ein Beuys wert? Ich möchte etwas dagegen setzen", erklärt Berheide.

Der Name ist deshalb Programm: "Wertgegenwert" heißt das Projekt, mit dem der Bildhauer nun ein Zeichen setzen möchte. "Kunst hat immer etwas mit Dialog zu tun", betont Berheide. "Als Gegenwert freue ich mich ich auf etwas, das beim Besteller einen gewissen eigenen Wert darstellt." Ein Glas Honig etwa - oder doch lieber Geld?

Berheide überlässt die Entscheidung denjenigen, die sich seine Creoden bald an die Wand nageln können. Dass sie an Puzzle-Teile erinnern, ist kein Zufall. Schließlich ist die Form entscheidend, wie der Künstler betont: "Ich beschäftige mich schon seit geraumer Zeit mit der Figur eines Puzzles. An jedem Puzzle gibt es sechs Enden, die ich Synapsen nenne. Sie verkörpern die sechs Sinne, die im Wesentlichen das menschliche Gehirn und das Denken entwickelt haben - und es weiter entwickeln werden."

Wer Berheides Äußerungen wie Puzzle-Teile zusammensetzt, ahnt daher schnell, dass ein großes Ganzes dahintersteckt. Der Bildhauer möchte "den existierenden Wertbegriff überprüfen" und die These, dass alles im Leben förmlich zusammenhängt, mit dem passenden Material untermauern: Grundlage seines Projekt ist Zeitungspapier, das er schreddert, in Wasser ziehen lässt und in eine Holzform gibt. Am Ende drückt er dem Ganzen einen Stempel auf - in Form von Schildkröte, Wal oder Blitz.

Die pfiffige Idee scheint sich auszuzahlen: Die ersten Aufträge sind schon eingetrudelt. Bekannte "bezahlen" mit einem Abendessen, Künstler-Kollegen mit eigenen Werken. Befristet ist das Tauschgeschäft nicht - es soll ein Langzeit-Projekt werden. "Mal sehen, was passiert", sagt Berheide. "Ich bin gespannt." Vor allem darauf, welche Geistesblitze die Interessenten haben.

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