Kultur Bergische Volkshochschule präsentiert Engels in Bild und Text

Das Gebäude an der Auer Schulstraße verwandelt sich in eine ganz besondere Leinwand.

 Nach der Auftaktveranstaltung der Politischen Runde zum Engels-Jahr wurde die Installation präsentiert.

Nach der Auftaktveranstaltung der Politischen Runde zum Engels-Jahr wurde die Installation präsentiert.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Die Bergische Volkshochschule gibt Friedrich Engels mehr als nur eine Bühne. Die Veranstaltungen der Politischen Runde fragen nach der Aktualität seiner Ideen. Der Lichtinstallation „Engels ins Licht“ dient das VHS-Gebäude als Projektionsfläche. So gibt es in der Auer Schulstraße jeden Abend einen Hingucker – und das noch bis zum Geburtstag des Jubilars am 28. November.

„Engels ins Licht“ ist ein Crossover-Projekt, für das sich Video-Künstler Kai Fobbe mit dem Cartoonisten André Poloczek und dem Historiker Detlef Vonde zusammengetan hat. Statt auf statische Engels-Bilder habe er auf Bewegung gesetzt, sagte Fobbe, als er seine Videoarbeit erstmalig präsentierte. Das Zentrum der Bilderfolge bildet eine rotierende Litfaß-Säule, die von den Plakateuren Poloczek und Vonde abwechselnd behängt wird. Nicht allein mit Original-Porträts, sondern auch – gleichsam als Verfremdungseffekt – mit schreiend bunten Pop-Art-Plakaten.

Engels-Zitate laufen
wie Schlagzeilen durchs Bild

Bewegt sind auch die Engels-Zitate, die wie Schlagzeilen durchs Bild laufen. Auch wenn das „Breaking News“-Laufband heutigem Medienkonsum entgegenkommt, wird die Litfaß-Säule historisch korrekt genutzt. Sie sei ursprünglich kein Werbemittel gewesen, erklärte Poloczek. „Was ich selber nicht wusste: Auf den ersten Litfaß-Säulen wurden Flugblätter und Nachrichten aufgeklebt.“

Um die Verschränkung von Bild und Text ging es auch bei der Politischen Runde, die der „Engels ins Licht“-Premiere vorausging. Im VHS-Forum berichteten Autor Fabian Mauruschat und Zeichner Christoph Heuer, wie sie auf Wunsch des Wuppertaler Verlegers Uwe Garske eine Graphic Novel über Engels gemacht haben.

Am Anfang der ersten Zusammenarbeit stand die Erkenntnis, sagte Heuer, „wenig bis nichts“ über den Helden des geplanten Buchs zu wissen. Also besuchte man gemeinsam das Museum für Frühindustrialisierung, um die Lebenswelt des Fabrikantensohns aus Barmen kennenzulernen. Fotos aus dem viktorianischen England halfen dabei, die Exiljahre darzustellen.

Manche Lücke musste
geschlossen werden

Im Einklang mit den Vorlagen entschied sich Heuer für Schwarz-Weiß-Zeichnungen. „Ich wollte den dokumentarischen Charakter der Bilder unterstreichen.“ Seine Faktentreue ging so weit, dass er beim Zeichnen eine Engels-Biografie zum Nachschlagen „auf den Knien“ gehabt habe.

Dennoch musste das Team Mauruschat und Heuer manche Lücke durch die eigene Fantasie schließen. Zumal Engels vor seinem Tod persönliche Aufzeichnungen gründlich entsorgte. Als Quellen boten sich dagegen die Briefwechsel und Aussagen von Zeitgenossen an.

Mauruschat lieferte nicht erst die Texte zu den fertigen Zeichnungen. Wie ein Drehbuchautor beschrieb er die Szenen, bevor sich Heuer an deren Umsetzung machte. „Haben Sie sich gestritten über inhaltliche Dinge?“, fragte Moderatorin Annette Hager. „Nein“, erwiderten die beiden einmütig. Er habe höchstens vorgeschlagen, so Heuer, eine Situation aus einer anderen Perspektive zu zeigen. Dass Engels‘ Lebenslauf nicht chronologisch, sondern in Sprüngen erzählt wird, geht auf Mauruschat zurück. Als mögliche Inspiration für die „Vermischung der Zeitebenen“ nannte er zurzeit angesagte Internet-Serien.

Fast drei Jahre lang haben Texter und Zeichner an der Graphic Novel gearbeitet. Da lag es nahe zu fragen, was die beiden an Engels besonders erstaunt hat. Mauruschat beeindruckt, dass dieser die Vaterschaft für den unehelichen Sohn von Karl Marx übernahm. Ein echter Freundschaftsdienst. „Ich habe mich manchmal erschrocken, dass er ein lupenreiner Kapitalist war“, gab Heuer zu. Einer, der revolutionäre Schriften verfasste und gleichzeitig fleißig im väterlichen Unternehmen mitarbeitete.

Aufgefallen ist Heuer auch Engels‘ Eitelkeit. Auf Fotografien habe er – anders als im Alltag – nie eine Brille getragen. Diese Selbstinszenierung rücken Heuer & Co. übrigens auf dem Titelbild zurecht.

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