Bayer-Klavierzyklus: Der lange Weg zur Hingabe

Bernd Glemser überzeugt erst im zweiten Konzertteil.

Der Pianist Bernd Glemser ist in Wuppertal kein Unbekannter. Er gastierte schon einmal beim Bayer-Klavierzyklus in der Stadthalle und begeisterte 2005 beim Benefizkonzert mit dem Sinfonieorchester mit Rachmaninows drittem Klavierkonzert. Nun ist auch für hochrangige Pianisten nicht jeder Konzertabend ein Höhepunkt. Beim 5.Konzert des Bayer-Zyklus’ konnte Glemser am Dienstagabend bis zur Pause nicht punkten.

Wie man den Bach-Bearbeitungen von Ferruccio Busoni auch gegenüber stehen mag: Glemsers Interpretation überzeugt vor allem im D-Dur-Werk nicht.

Hart, plakativ und gekünstelt geht er die Bearbeitung für das Klavier an. Monumentalität und Pracht der Orgelklänge lassen sich wohl trotz Klangsteigerungen, akkordischer Verstärkungen oder Doppeloktavierungen nicht ohne Verlust imitieren. Aggressiv - wenngleich technisch versiert - gerät das Feuerwerk der Fugenstimmen. Auch die Choralvorspiele reichen an die klangfarbenreiche Bach-Version nicht annähernd heran.

In Paul Hindemiths dritter Sonate erweist sich Glemser wieder als brillanter Techniker, etwa in der komplexen Doppelfuge. Aber auch hier bleibt sein Klavierspiel spröde, im gewichtigen Trauermarsch des dritten Satzes gar harsch und schroff.

So sind die Besucher-Reihen im Mendelssohn Saal der Stadthalle nach der Pause bereits gelichtet - aber erst im zweiten Konzertteil zeigt sich der Pianist in seiner alten Form. Bei Sergej Rachmaninow ist Glemser zu Hause. Die Variationen über das wehmütige La-Follia-Thema etwa, das Corelli als erster bearbeitete: Der Pianist stellt sie als charakterisierende Miniaturen vor. Das holpernde Menuett, das verspielte Andante, den markigen Marsch spielt er wie soeben erfunden, ganz locker und treffend.

Er deutet die Sätze als versponnenes Klimpern, seufzendes Sprechen, neckisches Hüpfen, polterndes und beschwichtigendes Zwiegespräch, geheimnisvolles, fernes Lied und wildes Wirbeln und Stolpern, ehe Akkorde wie Glockenschläge vom nahen Ende künden. Glemser spannt den dramaturgischen Bogen perfekt, spielt wie verwandelt, organischer und plastischer - und lässt auch Hingabe und Versenkung nicht vermissen.

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