Bauen Bauhaushäuser in Wuppertal: Schlichte und geradlinige Klassiker

Vor allem der Architekt Hans Heinz Lüttgen schuf in den 1920er und 1930er Jahren Häuser im Stil des „Neuen Bauens“.

 Haus Fahrenkamp am Wall hat seinen Denkmalschutz eingebüßt.

Haus Fahrenkamp am Wall hat seinen Denkmalschutz eingebüßt.

Foto: Andreas Fischer/ANDREAS FISCHER WUPPERTAL

Hundert Jahre alt wird das legendäre Bauhaus, jene Kunstschule, die Walter Gropius 1919 in Weimar begründete, in diesem Jahr. Gleichwohl wird der dort entwickelte geradlinige und schlichte Architekturstil heute noch oft und gerne mit dem modernen Bauen an sich gleichgesetzt. Der Einfluss scheint ungebrochen. Auch in Wuppertal wurden in den 20er und 30er Jahren des letzten Jahrhunderts Häuser im sogenannten Bauhausstil gebaut. Sie stehen heute vielfach unter Denkmalschutz, sind mal mehr, mal weniger im Stadtbild zu identifizieren. Die meisten werden auch heute noch privat als Wohnhäuser genutzt. Eine vollständige Übersicht gibt es nicht, Informationen liefert die Wuppertaler Denkmalliste im Netz.

Das wohl bekannteste Gebäude ist das ehemalige Kaufhaus Michel, das auch als „Haus Fahrenkamp“ bekannt ist. Das 1914 am Wall 21 errichtete, achtgeschossige Gebäude galt zu seiner Zeit als modernstes Kaufhaus der Welt, wurde von dem Düsseldorfer Architekten Emil Fahrenkamp 1929/1930 umfassend umgebaut, erweitert und insbesondere die Fassade im Bauhaus-Stil mit auffallenden Fenster- und Brüstungsbändern gestaltet, die alle Seiten und die abgerundeten Gebäudeecken umlaufen. Seinen Denkmalschutz verlor es der großen energetischen Sanierungen der Fassade wegen, die auch die Erinnerung ans Bauhaus schwächten.

Ein Pazifist, Architekt, Maler
und Grafiker

Die meisten Einfamilienhäuser und Villen, die in Wuppertal dem Stil des neuen Bauens der 20er und 30er Jahre zugeordnet werden können, schuf der in Düsseldorf geborene Architekt Hans Heinz Lüttgen (1895/98 bis 1976), der vor allem in der Kölner Architektenszene unterwegs war. Der überzeugte Pazifist verließ 1939 Deutschland und wirkte später ausschließlich als Maler und Grafiker.

1926 baute er für den Rechtsanwalt Dr. Hugo Heineberg an der Schlieffenstraße 61 in Vohwinkel ein dreigeschossiges Wohnhaus mit Flachdächern und Ziegeln als Sichtmauerwerk, was dem Gebäude - laut Wuppertaler Denkmalliste - zu einer „singularen Stellung im Bauwesen dieser Zeit“ verhalf.

Ein der Formensprache und auch der weiß verputzten Mauern wegen typischer Vertreter des „Bauhausstils“ dagegen, ist das Haus Grobel, das Lüttgen 1926/27 an der Jägerhofstraße 129 in Elberfeld für den Rechtsanwalt Dr. Emil Grobel errichtete.

Auch gerne mal mit Walmdach oder Satteldach

Als Villa Espenlaub ist das dreigeschossige Haus bekannt, das 1926/27 nach Plänen Lüttgens an der Rudolf-Ziersch-Straße 3 in Barmen errichtet wurde. Bauherr war Rechtsanwalt Dr. jur. Walter Fischer, 1939 zog der Flugpionier, Flugzeug- und Automobilfabrikant Gottlob Espenlaub ein.

In den Jahren 1927/1928 entstand eine zweigeschossige Villa mit abgerundeten Ecken und flachem Walmdach an der Waldemarstraße 3 in Heckinghausen. Lüttgen baute es als Wohnhaus für Georg Friedländer.

Eine ganze Wohnhausgruppe entwarf der Architekt 1934/1935 für die Allianz und Stuttgarter Verein AG im Briller Viertel. Auf einem Eckgrundstück der Von-der-Tann-Straße 23-25/Viktoriastraße 60-66 schuf er einen “einheitlich gestalteten Komplex aus Einzel- und Doppelhäusern mit Satteldach, der sich in die schwierige Hanglage gut einfügt“ und eine Baulücke schloss. Die Denkmalliste nennt ihn eines „der wenigen erhaltenen, qualitätsvollen Beispiele aus der Endphase des Neuen Bauens“.

Dass die klassische moderne Architektur viele Väter kennt, die nicht alle streng dem Bauhaus der 20er und 30er Jahre zugeordnet werden, beweist der Wiener Richard Joseph Neutra (1892 bis 1970). Der weltberühmte Architekt, der gerne mit Mies van der Rohe oder Le Corbusier in einem Zuge genannt wird, schuf in den 60er Jahren zwei von sieben seiner auf dem Kontinent entworfenen Einfamilienhäuser in Wuppertal: das Haus Pescher am Freudenberg und das Haus Kemper am Dorner Weg – wo Neutra 1970 bei einer Besichtigung starb. Seinen Gebäuden wird gerne das Etikett „International Style“ gegeben.

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