Ausstellung Null- und Anfangspunkt für neue Graffiti-Ideen

In der Galerie Droste stellt das Künstlerkollektiv Moses & Taps aus. „Interrail“ zeigt bis zum 18. Januar aktuelle Arbeiten.

 Patrick Droste und Katharina Galladé vor dem Zugfenster, das besprüht und samt Abfalleimer und Zeitung ein Original ist.

Patrick Droste und Katharina Galladé vor dem Zugfenster, das besprüht und samt Abfalleimer und Zeitung ein Original ist.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Sie sind ein wichtiger Teil der deutschen und internationalen Urban Art-Szene, haben einen eigenen, avantgardistischen Stil und ein Konzept, das die Verhaltensmuster und Kodizes der Graffiti-Bewegung selbst in Frage stellt. Dennoch sind die Personen des Künstlerkollektivs Moses & Taps unbekannt. Weil sie nach wie vor im öffentlichen Raum, vornehmlich auf Bahnzügen, illegal arbeiten. In der Galerie Droste stellen sie derzeit aktuelle Arbeiten aus. Titel ihrer zweiten Visite an der Katernberger Straße: „Interrail“.

Die Bahn stand am Anfang der Aktivitäten der anfänglich zwei Personen, die in den 90er Jahren begannen, Züge zu besprühen, sich 2007 unter dem Pseudonym Moses & Taps zusammentaten. Die Bahn darf auch in der aktuellen Ausstellung nicht fehlen. Sie ist zum Beispiel Thema eines auf 150 Stück limitierten Sonderdrucks. Ein knapp 30 mal 42 Zentimeter großes Interrail-Ticket, Symbol der in Europa reisenden Graffitisprayer. „Drei Monate haben wir daran gearbeitet, das Gültigkeitsdatum des Tickets ist natürlich endlos“, strahlt Katharina Galladé von der Wuppertaler Galerie.

Weitere direkte Bezüge zur Bahn finden sich in dem 1,60 mal 2,60 Meter großen Bild Flickwerk XIII, das aus mehreren besprühten, teilweise verwitterten Waggonplanen-Stücken zusammengesetzt ist. Das DB-Logo und ein Fracht-Schein hinter aufgebrachtem Gitter verleihen zusätzliche Authentizität.

Abfalleimer mit
drapierter Bild-Zeitung

Echt ist auch das besprühte Zugfenster samt Abfalleimer und darin drapierter Bild-Zeitung, die im März 2013 über eine Sprühaktion von Moses & Taps berichtete. In der Galerie wird es von hinten angeleuchtet wie zwei weitere Arbeiten aus der Serie Scratchiti. Der Begriff steht für das Entfernen der Graffiti von Zugfenstern, das früher mit Spachteln geschah, so Galladé. Und eher zum Verschmieren führte, eine Endlosschleife des Wiederbesprühens und Wiederentfernens, der gegenseitigen Auslöschungsbemühungen auslöste. Dabei eine eigene Ästhetik entwickelte.

Am Anfang der Images of Graffiti stand der Gedanke, nicht nur die Pseudonyme zu tauschen, sondern diese zu abstrahieren und so unkenntlich zu machen. Moses & Taps spielten von Anfang an mit den Graffiti-Regeln, die den Namenszug zum Inhalt und Markenzeichen erklären. Sie stellten Ego und Namen in den Hintergrund, entwickelten Formen und Linienführungen weiter. Ihre aktuellen Images haben den viereckigen Bilderrahmen verlassen. Auf den vielzackigen, ausschnittartigen Flächen sind verschiedene geometrische Formen präzise aufgesprüht, die teilweise durch schwarze Acryllinien voneinander getrennt sind. Meist tauchen irgendwo ihre Farben Blau und Gelb auf. Galladé: „Insider erkennen auch an der Handführung der schwungvollen Linien, dass sie es sind.“

Die wohl kompromissloseste Weiterentwicklung stellt die Serie Splash dar. Die wortwörtlichen Farbexplosionen auf Leinwand führen die Künstler bewusst her, indem sie in Spraydosen hineinstechen. Splash sei radikaler Konzept-Vandalismus, das Ende von Graffiti und der Neubeginn, sagt Galladé: „Für mich ist es der Nullpunkt, an dem neue Ideen entstehen.“

Neue Ideen, die Moses & Taps auch in der Öffentlichkeit weiterleben mit viel Geist, Humor und Kritik. Zugleich diese Ideen auf kluge Art und Weise in die Galerien übersetzen, wo jeder für sich dann entscheiden muss, wie er das findet.

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