Literatur Kritischer Umgang mit Vohwinkeler Historie

Vohwinkel. · Holger Ueberholz hat ein Buch über den Stadtschulrat Gustav Schlipköter (1885-1965) und dessen NS-Vergangenheit veröffentlicht.

 Bei der Recherche halfen Holger Ueberholz auch alte WZ-Artikel.

Bei der Recherche halfen Holger Ueberholz auch alte WZ-Artikel.

Foto: Ja/Fries, Stefan (fri)

Insgesamt vier wichtige Abschnitte der deutschen Historie erlebte der Vohwinkeler Lehrer, Rektor und spätere Stadtschulrat Gustav Schlipköter (1885-1965). Sowohl während der Kaiserzeit und der Weimarer Republik als auch im Nationalsozialismus und im Nachkriegsdeutschland hat er eine aktive Rolle gespielt. Gerade seine Verstrickungen in die NS-Diktatur erfordern eine kritische Auseinandersetzung. Außerdem ist Schlipköter durch seine Publikationen als Person der Zeitgeschichte für den Stadtteil interessant.

Der in Vohwinkel aufgewachsene und weiterhin fest mit dem Stadtteil verbundene Autor Holger Ueberholz hat ausführlich zum Schulrat geforscht und gerade ein Buch über ihn herausgebracht. Dabei war es ihm wichtig, die vielen Facetten der Biografie von Gustav Schlipköter ausgewogen zu beleuchten. „Es gab dazu bisher keine richtige Aufarbeitung“, erklärt der Experte für lokale Geschichte.

Bereits in frühen Jahren sei bei Schlipköter eine stark nationalistische Haltung erkennbar gewesen, die ihn später empfänglich für den Nationalsozialismus gemacht habe. „Das war bei vielen Menschen der damaligen Zeit der Fall“, sagt Ueberholz. Mit der ausdrücklichen Unterstützung der NS-Ideologie wurde der damals sehr bekannte Vohwinkeler dann aber ein wichtiges Sprachrohr der Nazis.

Trotzdem war es ihm möglich, nach dem Zweiten Weltkrieg eine Laufbahn als Lokalpolitiker einzuschlagen. „Es gibt einige Publikationen, die sein Engagement für den Stadtteil lobend erwähnen, ohne auf die Vergangenheit von Gustav Schlipköter im Nationalsozialismus einzugehen“, erläutert Holger Ueberholz. Das habe ihn gestört und zur kritischen Beschäftigung mit dem Schulrat bewogen. Dieser habe als Schriftsteller und Herausgeber zahlreiche Veröffentlichungen hinterlassen. „Dabei zeigt sich durchaus ein sprachliches Talent“, so Ueberholz.

Die Beschäftigung mit Schlipköter sei aus lokalhistorischer Sicht durchaus aufschlussreich. „Er war sicherlich ein opportunistischer Mitläufer, aber es wäre falsch, ihn nur auf die NS-Zeit festzulegen“, findet Holger Ueberholz. Bei seinen Recherchen stieß er auf Bilder, Bücher und Festschriften unter anderem über die evangelische Volksschule Tescher Straße. Hier war Gustav Schlipköter fast 23 Jahre als Lehrer tätig.

Einen Beitrag bei der Dokumentensuche leistete auch ein entsprechender Aufruf in der Westdeutschen Zeitung. „Dadurch habe ich viel Material bekommen“, sagt der Autor erfreut. Außerdem habe sich eine Großnichte von Gustav Schlipköter gemeldet.

Steile Karriere als jüngster Volkschullehrer Deutschlands

Dieser machte als jüngster Volksschullehrer Deutschlands eine steile Karriere. Während der Kaiserzeit übte Schlipköter seinen Beruf bereits mit knapp 20 Jahren an der Tesche aus. Anlässlich des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs schrieb er ein erstes patriotisches Gedicht. Es folgten zahlreiche heimatgeschichtliche Werke. Nach seiner Zeit an der Gebhardtstraße wurde er als Stadtschulrat von den Nazis protegiert. Parallel dazu wirkte Schlipköter bis 1937 einflussreich im Vohwinkeler Presbyterium und in der rheinischen Provinzialsynode. Nach dem Krieg hatte er 1945 zunächst Schwierigkeiten bei der Entnazifizierung. Das stand aber seiner Karriere als Lokalpolitiker und Gründungsmitglied der CDU nicht im Weg.

Holger Ueberholz ist pensionierter Lehrer und wohnt in Solingen-Gräfrath. Er beschäftigt sich seit langem mit der lokalen Geschichte Vohwinkels, hat dazu mehrere Arbeiten veröffentlicht.

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