Kritik am beitragsfreien letzten Kindergarten-Jahr

Statt auf Beiträge zu verzichten, hätten Kirche und Träger lieber in die Qualität für die ganz Kleinen investiert.

Wuppertal. Am Montag beginnt für 4400 Kinder in den städtischen Einrichtungen wieder der Kindergartenbetrieb. Erstmals ist nach einer Gesetzesänderung (siehe Kasten) für 3000 der insgesamt 9300 Kinder, die in Wuppertal eine städtische oder andere Einrichtung besuchen, das letzte Kindergartenjahr beitragsfrei. In den nächsten Wochen werden ihre Eltern mit einem neuen Bescheid über die Veränderungen informiert.

Doch diese Neuerung wird nicht nur positiv aufgenommen: Der Paritätische Wohlfahrtsverband, an den in der Stadt 51 Tageseinrichtungen für Kinder angeschlossen sind, kritisiert die Änderung des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz). „Das Geld wäre sinnvoller in den Qualitätsausbau für die unter Dreijährigen geflossen“, sagt Birgitt Wallraff, Fachberaterin Tagesangebote für Kinder. Stattdessen würden die Landesmittel jetzt zur Kompensation der wegfallenden Elternbeiträge verwendet. Dabei seien die Rahmenbedingungen für U3 noch nicht optimal, der Personalmangel sei „eklatant“.

„Grundsätzlich ist es natürlich sinnvoll, Kindergärten als erste Bildungseinrichtung kostenfrei anzubieten, aber nicht zu Lasten der Qualität“, schließt Wallraff. Der Evangelische Kindertagesstättenverein in Wuppertal (EKV) mit seinen 32 Kindergärten bemängelt die gleichen Punkte. „Das Geld hätte im System bleiben sollen“, sagt der Vorstandsvorsitzende des EKV Robert C. Schmitt.

Grundsätzlich seien die freien Träger mit Kibiz massiv unterfinanziert, die Pauschalen seien zu knapp berechnet. „Meine Befürchtung ist, dass evangelische Kindergärten über das bekannte Maß hinaus geschlossen werden müssen, wenn es dafür keine Lösung gibt“, sagt Schmitt.

Fakt ist, dass das beitragsfreie letzte Kindergartenjahr als Anreiz, Kinder früher in die Betreuung zu schicken, in Wuppertal so nicht notwendig ist: Denn bereits 90 Prozent der Dreijährigen sind in einen Kindergarten angemeldet. Im letzten Jahr vor der Einschulung sind es sogar fast 99 Prozent.

Für viele Eltern in der Stadt gilt die Beitragsbefreiuung — wenn auch aus anderen Gründen — ohnehin schon: Rund ein Drittel der Eltern zahlen keinen Kindergartenbeitrag, weil sie unter der Einkommensgrenze liegen.

Nach Einschätzung von Sozialdezernent Stefan Kühn ist die Gesetzesänderung „eine bildungspolitische Entscheidung“. Er kann die Kritik der freien Träger zwar nachvollziehen, sieht das kostenfreie Kita-Jahr, die Qualitätsverbesserung in der Betreuung und den Ausbau U3 aber als einen zusammenhängenden Themenkomplex, der nicht gegeneinander ausgespielt werden sollte.

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