Kriminalität: Die Begegnung mit dem Gentleman-Räuber

Wie eine Bankangestellte den Überfall auf die Filiale am Rolingswerth in Barmen erlebte.

<strong>Wuppertal. Dunkles Jacket, weißes Hemd unter dunklem Pullover, helle Jeans: Irgendwo zwischen seriös und sportiv wirkt Manfred F., als er den Saal 16 im Landgericht betritt. Er sieht etwas anders aus, als ihn die Leute von den Fahndungsfotos kennen. Natürlich hat er noch immer eine Glatze. Doch eine Brille trägt er nicht mehr, dafür einen unauffälligen Oberlippenbart. Zwei Banküberfälle hat der 50 Jahre alte 1,80-Meter-Mann begangen. Innerhalb von vier Monaten hat er mehr als 17 000 Euro erbeutet. Den größten Coup landete er in Wuppertal. Am 18. Oktober um 13.45 Uhr legte er seinen geöffneten rotbraunen Aktenkoffer auf den Kundenschalter, so dass die Kassiererin die schwarze Waffe darin sehen konnte. Länger als ein Jahr ist das her. F. sitzt längst in Haft. Und er hat alles gestanden. Es blieb ihm eigentlich auch nichts anderes übrig. "Es ist so korrekt, wie es die Frau Staatsanwältin vorgelesen hat", sagt er in die Stille von Saal 16 hinein.

Dank dieses Geständnisses könnte es ein schneller Prozess werden. F. wirkt ganz ruhig. Er ahnt wohl, dass wieder viele Jahre hinter Gittern auf ihn zukommen werden. Er hat schon mal mehr als ein Jahrzehnt abgesessen. Auch wegen Bankraubes.

Für die Zeugen ist der Gang vors Gericht weniger leicht. Da ist die Bankangestellte, die sich an jenem Mittwochmittag im Oktober 2006 dem als "Gentleman-Räuber" apostrophierten Manfred F.gegenübersah. Weil der 50-Jährige schon gestanden hat, muss sie ihn nicht identifizieren. Die Nachwirkungen? "Ich hab’s verarbeitet. Aber jetzt kommt das alles wieder hoch", bekennt die Frau im Zeugenstand.

Sie erinnert sich, wie furchtbar aufgeregt sie war, dass sie das alles in der ersten Sekunde für einen schlechten Scherz gehalten hat. Wie sie immerhin noch auf die Taste "Film" drücken konnte. Deshalb wurde Manfred F. von der Überwachungskamera fotografiert, später identifiziert.

Die Nacht nach dem Überfall hat die Kassiererin nicht geschlafen. Am nächsten Tag ging sie trotzdem arbeiten: "Ich hatte Angst, dass ich sonst meinen Job nie wieder hätte machen können." Die Sparkasse schickte einen Psychologen. Eigentlich ist das Thema damit erledigt.

Das Gericht fragt behutsam nach. Wie sich Manfred F. verhalten hat. Offenbar sehr höflich. Die Kassiererin erinnert sich jedenfalls, dass er mit unter dem Arm geklemmten Aktenkoffer samt Beute noch einer anderen Kundin den Weg frei machte.

Manfred F. sorgt dann auch noch für eine gewisse Entspannung. Er beteuert, dass man mit seiner Schreckschusswaffe nicht schießen konnte. Und er sagt: "Zu schießen, ist mir im Traum nicht eingefallen."

Der Prozess wird fortgesetzt.

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