Unwetter Konsumverhalten ändern - jetzt!

Wuppertal · Das Tal nach der Flut. Eine Kulturkolumne.

 Tine Lowisch.

Tine Lowisch.

Foto: CLAUDIA SCHEER VAN ERP

Als Reaktion auf die Ambition Wuppertals die Buga 2031 auszurichten und als Reaktion auf das Starkregenereignis vom 29. Mai 2018 in unserer Stadt vor gerade einmal drei Jahren hatte eine Gruppe von Studierenden der Bergischen Universität Wuppertal aus dem Fachbereich Architektur gemeinsam mit ihrem Professor Christoph Grafe nach dem „Jahrhundert-Regen“  direkt im darauf folgenden Semester untersucht, was eine Bundesgartenschau ist und wie sie zu einem Instrument zur Anpassung an den Klimawandel im Tal werden kann. Ziel war es damals, die Mechanik der Buga als Treiber der urbanen Landschaftsveränderung zu verstehen. Wir haben den Studenten die Kunststation im Bahnhof Vohwinkel damals selbstverständlich zur Verfügung gestellt und die zu diesem Zeitpunkt bei uns noch laufende Ausstellung  in ihrer Aufteilung sofort verändert, um unkompliziert und schnell Platz für dieses wichtige Thema zu schaffen. Das Extremereignis im Mai 2018 hatte die Studierenden sehr stark erschüttert, da auch ihre eigene Fakultät an der Talachse – direkt hinter den Schinkel-Häusern am Haspel durch den Starkregen erheblich beschädigt worden war. Die Dringlichkeit einer Präsentation zu den Auswirkungen des Klimawandels auf Städte in Tallagen duldete keinen Aufschub, wir wollten eine öffentliche Debatte zu dieser ambitionierten Verknüpfung zweier Themen sofort ermöglichen.

Das Tal nach der Flut: Buga x Klima war eine unkonventionelle Ausstellung, die einen Einblick in die historische Entwicklung der Buga und mehrere Zukunftsszenarien einer möglichen, etwas anderen Bundesgartenschau 2031 in Wuppertal gab. Nun, nur knapp drei Jahre später, nach einem „Jahrtausend-Regen“, der in seinem Ausmaß kaum vorstellbare Auswirkungen auf die Infrastruktur einzelner Dörfer, Städte, ganzer Landkreise und Regionen vor allem im Südwesten von  Nordrhein-Westfalen und in weiten Teilen von Rheinland Pfalz hat, bin ich innerlich so tief erschüttert, dass es mir nicht schwerfällt, im Rahmen dieser Kolumne nun sehr eindringlich zu bitten: Ändern wir unser Konsumverhalten. Jetzt! Jeder so gut er kann, im Rahmen seiner Möglichkeiten. Denn nach den Ereignissen in der Nacht auf den letzten Donnerstag ist es offenkundig und unübersehbar real. Die Lage ist sehr ernst. Die Erwartungen an die Zeit, in der wir ab jetzt leben, müssen sich ändern.

Ich denke, wir sollten zuallererst damit aufhören uns ständig selbstverliebt zu vergleichen. Das Ich im Spiegel der Anderen, das eigene glücklich sein, vor allem in den bildgewaltigen Sozialen Medien zu inszenieren, das, zum Beispiel, gehört sich jetzt einfach nicht mehr. Es gibt durchaus wichtigere Inhalte, die auf allen Kanälen verbreitet und  verfügbar gemacht werden müssen. Geben wir nicht mehr nur uns allein, geben wir lieber den Dingen und wie sie tatsächlich zusammenhängen eine neue Bedeutung. Die nachwachsende Generation tut dies bereits. Laut der aktuellen Shell-Studie wünschen sich die Kinder und Jugendlichen in unserem Land  das Glück im Kleinen. Sie wünschen sich eine Verlängerung der Gegenwart, wenn sie denn für sie sicher bleibt. Stark verunsichert unter dem Eindruck ihrer größten Sorge, der Angst vor der Klimakatastrophe, wünschen sie sich  einfach nur, dass sie es schaffen, zufrieden zu bleiben, zusammen mit ihren Freunden oder Familien.

Wem diese Wünsche zu konservativ erscheinen, der hat letzten Donnerstag keinen Anruf aus dem Ahrtal erhalten, so wie wir. Am anderen Ende die eigenen, tapferen, in letzer Minute evakuierten Schwiegereltern, umgeben von Zerstörung und Flut, die in höchster Not ins Mobiltelefon rufen: Liebe Kinder, macht euch keine Sorgen, hier gibt es viele, die uns helfen. Wir sind in Sicherheit. Bevor der Anruf unterbrochen wird und unvermittelt endet.

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