Kommentar: Die Wahrheit nur scheibchenweise

Vorgestern ist die kleine Talea auf dem Unterbarmer Friedhof beerdigt worden. Die Bitte der Eltern, dieses letzte Geleit unter Ausschluss der Öffentlichkeit geben zu dürfen, wurde nicht von allen beachtet.

Der Fall Talea sorgt mittlerweile bundesweit für Aufmerksamkeit, was auch daran liegt, dass die Wuppertaler Staatsanwaltschaft gegen das Jugendamt ermittelt. Es besteht der Verdacht der fahrlässigen Tötung durch Unterlassen, und in der Tat lautet die Gretchenfrage: Was haben die Mitarbeiter des Jugendamtes gewusst?

Die Recherchen der WZ haben gestern ergeben, dass eine Mitarbeiterin des Jugendamtes der Mutter bereits am 1. Februar ihre Sorgen mitgeteilt hat. "Das können wir nicht bestätigen", hatte die Stadt vor einer Woche auf die Anfrage der WZ geantwortet. Gestern bestätige Jugendamtsleiter Dieter Verst einen entscheidenden Teil dieses Gesprächs und verwies auf die veröffentlichte Chronologie. Dort ist das Gespräch in der Tat aufgeführt - aber ohne jeden Inhalt. Daraus resultiert die Frage, was eine zur Entlastung angeführte Chronologie bringt, die offensichtlich entscheidende Inhalte vermissen lässt.

Die Stadt hat sich dagegen verwahrt, Fehler im Fall Talea gemacht zu haben. Das ist ihr gutes Recht und das verlangt auch die Fürsorgepflicht den betroffenen Mitarbeitern gegenüber. Noch hilfreicher wäre es, wenn nicht scheibchenweise neue Details bekannt würden und diese die Aussagen der Stadt mit Zweifeln belegten. Auch wenn das Abwarten auf die staatsanwaltlichen Ermittlungen im Grundsatz richtig ist, so ist die Stadt doch auch in der Pflicht, selbst mögliche Versäumnisse aufzuarbeiten.

Die zur Entlastung angeführte Chronologie ist wertlos - sie dokumentiert nur, was öffentlich mitgeteilt werden soll und darf. Anders ist nicht zu erklären, dass der "angebliche" Sturz in der Dusche darin nicht einmal ansatzweise erwähnt wird.

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