Religion Gemeinden nutzen das Internet für Andachten

Es gibt viele Ideen für Kontakte in der Krise. Freiwillige telefonieren mit alleinstehenden Senioren.

 Die Kirchenschiffe bleiben vorerst leer.

Die Kirchenschiffe bleiben vorerst leer.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Gottesdienste sind verboten, Konfirmationen verschoben, Seniorencafés, Gruppenstunden und Gemeindetreffs abgesagt. Nur die neuen Presbyter, die eigentlich am 22. oder 29. März feierlich in einem Gottesdienst eingeführt werden sollten, müssen ihr Gelübde trotzdem ablegen. Denn die Kirchengemeinden brauchen ja eine funktionierende Führung.

„Das Gelübde geht aber auch per Telefon oder Face to Face mit einer Person“, sagt Pfarrer Werner Jacken, Sprecher des evangelischen Kirchenkreises Wuppertal. „Der gottesdienstliche Teil wird dann später nachgeholt.“ Nach der neuen Rechtsverordnung des Landes von Sonntag sind auch keine Amtshandlungen wie Taufen oder Hochzeiten unter freiem Himmel möglich, einzige Ausnahme: Beerdigungen. Die ökumenische Telefonseelsorge steht immer bereit und verzeichnet deutlich mehr Anrufe als üblicherweise.

Um das Gemeindeleben aktiv zu halten und die Gläubigen in den Zeiten der Verunsicherung zu erreichen, werden viele Wuppertaler Kirchengemeinden kreativ. „Es ist toll, wie einfallsreich und engagiert die Gemeinden mit der Situation umgehen“, lobt Superintendentin Ilka Federschmidt. So hängt die evangelische Gemeinde Beyenburg-Laaken als „Gottesdienst to go“ Predigten mit Ideen für den eigenen (Familien-)Gottesdienst für zu Hause vor ihren Kirchen an eine Wäscheleine. Hier kann sich jeder seine Predigt „abpflücken“. Auf den gemeindeeigenen Youtube-Kanal werden mindestens einmal pro Woche Clips zur Ermutigung gestellt. Anstelle des Kindergottesdienstes singen bekannte Personen aus dem Gemeindeleben Lieder oder erzählen biblische Geschichten, die als Video an die Eltern weitergeleitet werden.

Botschaft von Gottes Liebe soll die Menschen gerade jetzt erreichen

Die evangelische Gemeinde Uellendahl-Ostersbaum möchte in der kommenden Woche ein zwölfseitiges Infoheft an alle Gemeindeglieder per Post verschicken. Darin werden Anregungen für Hausgottesdienste und Gebete gegeben, aber auch praktische Hinweise, etwa auf Einkaufsdienste. „Die gute Botschaft von Gottes Liebe soll gerade jetzt die Menschen erreichen. Das ist in dieser Zeit wichtiger denn je“, sagt Pfarrerin Karin Weber.

Pfarrer und Ehrenamtler rufen zur Zeit der Seniorenkreise deren Teilnehmer zu Hause an. Kinder und Jugendliche aus den Gruppen erhalten jede Woche einen Brief von ihren Jugendleitern mit biblischen Geschichten und Bastelanleitungen. Alle Pfarrer dort bieten zu festen Zeiten telefonische Sprechstunden an.

Reformiert Ronsdorf hat Telefonpatenschaften initiiert: Die Paten rufen ältere Gemeindeglieder an, um den Kontakt aufrecht zu halten. Heckinghausen lädt ein zum „Halb-Acht-Gebet“ um 19.30 Uhr, die Gemeinde Gemarke-Wupperfeld um 12 Uhr, dann können alle Gläubigen gleichzeitig zu Hause beten.

Diverse Pfarrer haben Andachten und Predigten auch auf Youtube hochgeladen oder werden das in den nächsten Tagen und Wochen tun. Auch Einkaufsdienste bieten in fast jeder Gemeinde Freiwillige an für Menschen, die unter Quarantäne stehen oder Sorge vor einer Ansteckung haben.

Der katholische Pastoralreferent Werner Kleine hat am Montag ein Video-Journal „Bei Euch“ begonnen, in dem er jeden Tag um 19.30 Uhr einen besinnlichen aktuellen Beitrag liefert. „Einige Leute haben auch schon angerufen“, erzählt Werner Kleine. Er möchte dieses Angebot noch ausbauen und experimentiert mit einer Software, die Seelsorge-Gespräche mit Bild ermöglicht.

Er stellt fest, dass sich auch Senioren zunehmend mit den technischen Möglichkeiten von Handy und Computer vertraut machen, um solche Formate zu nutzen.

Jeden Sonntag veröffentlicht das Stadtdekanat Wuppertal ab 8 Uhr auf seiner Internetseite eine Heilige Messe, abwechselnd mit Seelsorgern aus dem ganzen Stadtgebiet. Teilweise sind auch Kirchen noch für Einzelpersonen offen zum Gebet. Außerdem bieten viele Pfarreien Telefongespräche mit den örtlichen Seelsorgern an oder organisieren (Einkaufs-)Hilfe für Ältere und Kranke. Hier vermitteln die Pfarrbüros Kontakte.

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