Was glauben Sie denn? Helfen Sie mit, unsere Demokratie zu stärken!

Viele Menschen in unserem Land haben nicht das Gefühl, mit dem Gang zur Wahlurne Teil von etwas Besonderem zu sein. Wahlmüdigkeit. Demokratieverdruss. Oder einfach nicht so wichtig.

 Ilka Federschmidt - Freisteller

Ilka Federschmidt - Freisteller

Foto: Kirchenkreis Wuppertal

Ich gehe wählen am 26. September. Wahlen zum Bundestag, zum Parlament unseres Landes.

Habe ich das Gefühl, dabei Teil von etwas Besonderen zu sein? Gute Frage. Habe ich das? Nach dem Gottesdienst ein Abstecher ins Wahllokal. Ich fülle meinen Wahlzettel aus, unbeobachtet, werfe ihn ein, halte ein kleines Schwätzchen mit den Wahlhelfern, wie die Wahlbeteiligung wohl so aussieht. So selbstverständlich und unspektakulär, wie ich vorher gefrühstückt habe.

Viele Menschen in unserem Land haben nicht das Gefühl, mit dem Gang zur Wahlurne Teil von etwas Besonderem zu sein. Wahlmüdigkeit. Demokratieverdruss. Oder einfach nicht so wichtig. Das sind die Stichworte in den Medien.

Erster Szenenwechsel: Bilder aus den Nachrichten. Eine Schlange von Menschen vor einem staubigen Wahllokal in einer afrikanischen Stadt. Teils gehetzte, teils ängstliche Blicke – und trotziger Mut: Wir gehen wählen! Auch wenn Anschläge auf die Wahlbüros und die Wählenden drohen. Auch wenn Milizen drohen, das Ergebnis der Wahl nicht anzuerkennen. Menschen riskieren ihr Leben für das Recht auf freie Wahlen.

Zweiter Szenenwechsel: Ein Gespräch vor 45 Jahren mit den Mitschülern meines Geschichtskurses im „Langen Eugen“ im damaligen Bundestag in Bonn mit dem Parlamentarier Carlo Schmidt, der an der Entstehung des Grundgesetzes mitgewirkt hatte. Leuchtende Augen, als er vom Grundgesetz erzählt, und ein leidenschaftliches Plädoyer für die Demokratie, nach den furchtbaren Erfahrungen des Nationalsozialismus. Freie und geheime Wahlen – was für ein hohes Gut!

Ich blicke auf meine Wahlbenachrichtigung und denke leicht beschämt: O ja, ich bin Teil von etwas Besonderem, wenn ich am 26. September wählen gehe.

Wählen zu dürfen ist ein wunderbares Recht, für das uns Millionen von Menschen auf dem Globus beneiden. Das allein ist kein Argument, wählen zu gehen. Aber es sollte uns doch ins Nachdenken bringen, warum die Wahlen, die wir teils sehr geringschätzen, von anderen so ersehnt werden, dass sie ihr Leben dafür riskieren. Auch wenn es ein Recht gibt, nicht zu wählen, so sollte doch die selbstverständliche Bürgerpflicht – oder besser Bürgerverantwortung – überwiegen, sich an der Wahl zu beteiligen. Gerade Christenmenschen sollten ein Interesse daran haben, so den Rechtsstaat zu stärken. Weil Gott „das Recht lieb hat“ – Zitat aus Psalm 33 in der Bibel. Das Recht. Das ist in der Bibel die Basis eines Friedens, in dem alle leben können, in dem allen Würde und Teilhabe zugestanden wird, in dem Verantwortung füreinander und miteinander übernommen wird, aus dem Bewusstsein, dass dies der Liebe und den Geboten Gottes entspricht. Dahinter mögen wir auch in einer Demokratie oft zurückbleiben, das sehe ich sehr wohl. Aber nirgends kommen wir diesem Frieden so nahe wie in einer Demokratie. Oder zumindest können wir in ihr frei und öffentlich für Gerechtigkeit eintreten und uns dafür verbünden.   Ich kann nachvollziehen, wenn politischer Stillstand, egoistischer Lobbyismus und Zweifel an Politikern manche Menschen demokratiemüde und politikverdrossen werden lassen. Aber wenn wir solchen Gefühlen nachgeben, geben wir denen Raum, die nun wirklich nicht die Freunde unserer Demokratie sind und die Wahlen nur als Vehikel betrachten, an die Macht zu kommen, und in deren Händen Minderheitenrechte, Glaubensfreiheit und Meinungsfreiheit  und die Achtung vor der anderen Kultur und Herkunft schlecht aufgehoben sind.

Wählen ist ein kostbares Recht – und die Chance, die Politikerinnen und Parteien zu unterstützen, die bei allen Schwächen und allem Versagen für unsere Demokratie und für unsere Grundrechte einstehen. Die Stimme abgeben zu können ist für mich zugleich die Aufforderung, persönlich die Stimme auch immer wieder zu erheben für die Teilhabe aller, für die Bewahrung der Natur und unserer Erde, für die Achtung voreinander. Die Stimme abgeben zu können ist eigentlich erst der entscheidende Anfang. Der Anfang dafür, unsere Demokratie auch wirklich zu leben und mit zu gestalten.

Ich werde am Sonntag in 14 Tagen noch einmal bewusster wählen gehen. Ich will mit der Abgabe meiner Stimme mein persönliches Signal geben, dass mir unsere Demokratie wichtig ist und dass ich sie weiter mit verbessern will.

Helfen Sie mit, unsere Demokratie zu stärken!

Helfen Sie mit, dass wir alle Teil von etwas Besonderem bleiben.

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