Was glauben Sie denn? : Die Pharisäer sicherten das Überleben des Judentums
Wuppertal Ruth Tutzinger, Vorsitzende des Gemeinderates der Jüdischen Kultusgemeinde Wuppertal, über die großen Lehrer und Vorläufer der heutigen Rabbiner.
Der Pharisäer – ja, das ist an rauen Tagen an der deutschen Nordseeküste ein beliebtes Heißgetränk: Kaffee mit einem ordentlichen Schuss Rum und einer großen Haube aus geschlagener süßer Sahne. Doch wer waren die Pharisäer wirklich? Lassen Sie uns zurückschauen in die Zeit um 150 vor der Zeit.
Wie immer war es turbulent im Nahen und Mittleren Osten. Die Makkabäer, eine Gruppe aus dem Priestergeschlecht der Hasmonäer, hatten für Jerusalem und Judäa von den griechisch-syrischen Seleukiden eine gewisse Autonomie erkämpft. Der größte Teil des jüdischen Volkes war mit diesen mutigen Freiheitskämpfern verbündet. Jetzt begann das Gerangel um die Macht im eigenen Haus.
Das Amt des Hohepriesters war seit eh und je den Nachkommen Aharons vorbehalten und die Königswürde dem Hause Davids. Die Hasmonäer waren zwar eine sehr angesehene Priesterfamilie, sie waren auch im Sanhedrin, dem Obersten Gericht, vertreten, aber sie gehörten nicht zu den Nachkommen Aharons oder Davids. Getragen von der Welle ihres Erfolges griffen sie jedoch nach der Macht, verdrängten den amtierenden Hohepriester und begründeten später eine neue Königsherrschaft. Der Bruch dieser sehr alten Tradition hat nicht allen im Volk gefallen, und diese brachten ihren Unmut auch zum Ausdruck.
Die Juden sind seit je her als temperamentvolles Volk bekannt, wie schon im TeNaCh berichtet. Sie pflegten eine lebhafte Streitkultur, aber der Streit musste „unter den Augen des Himmels“ geführt werden. Das heißt, dass um die Sache trefflich gestritten werden durfte, aber persönliche Diffamierungen nicht erlaubt waren. Es ist überliefert, dass dies aber nicht immer gelang. In den späteren Niederschriften des Talmuds wurde das sehr konkret wiedergegeben. Doch wer stritt in den damaligen Zeiten mit wem?
Es gab in Jerusalem und Umgebung noch viele Priesterfamilien. Unter diesen gab es sehr angesehene Gelehrte, aber auch sehr reiche Ökonomen. Sie stellten einen Teil der 70 Mitglieder des Sanhedrins. Der 71. war der Hohepriester. Die Priesterschaft hatte immer sehr großen Einfluss auf das jeweilige Königshaus, mischte also vor allem in der Innenpolitik kräftig mit. Ein anderer Teil der Mitglieder des Sanhedrins stammte, wie wir heute sagen würden, aus der „gehobenen Mittelschicht“, aus Bauern und Händlern, die sich hochgearbeitet hatten. Diese Männer mussten nun feststellen, dass ausgerechnet die Priester sich nicht vom Hellenismus losgesagt hatten, nach wie vor „fremde“ Frauen heirateten, was eigentlich tabu war, also der griechisch-römischen Kultur in jeder Weise zugetan waren. Diese Priester nannte man „Sadduzäer“. Da der Tempel immer der meistbewachte Ort war, war er auch die Staatsbank und Steuerverwaltung und auch die Wasserversorgung lag in den Händen der Priester.