Kinderlärm: Kündigung ist nicht rechtens

Grundsatzurteil – Landgericht gibt junger Familie als Mieter Recht.

Wuppertal. Vor Saal 105 im Altbau des Landgerichts herrscht Hochbetrieb. Kameras und Mikrofone deuten darauf hin, dass vor der 16. Zivilkammer ein Berufungsprozess läuft, der landesweit von Interesse ist: Es geht um den Mietstreit an der Wiesenstraße in Elberfeld und die Räumungsklage gegen ein Ehepaar mit drei Kleinkindern. Wie berichtet, begründet der Vermieter die Kündigung unter anderem mit dem Lärm der spielenden Kinder im Garagenhof des Mehrfamilienhauses.

Im Saal selbst legen die Anwälte beider Seiten noch einmal ihre Sicht der Dinge dar. Hintergrund des Berufungsprozesses am Eiland ist ein Urteil des Wuppertaler Amtsgerichts von Januar, in dem der Räumungsklage des Vermieters stattgegeben wurde. Dagegen wehrt sich die Familie.

Der Anwalt des Vermieters hält der Familie "fortgesetztes Fehlverhalten" vor - und das über Jahre hinweg: Bewusst habe man sich über Anweisungen hinweggesetzt und den Garagenhof zu einem Spielplatz gemacht. Von Polizeieinsätzen ist dabei ebenso die Rede wie von herausgerissenen Sträuchern und verunreinigten Büschen.

"Man muss doch die Möglichkeit haben, auf Kinder einzuwirken", sagt der Anwalt mit Blick auf die Eltern. "Und man muss als Mutter und Vater auch einmal einschreiten." Abgesehen davon, dass das Spielen auf dem Garagenhof per Hinweisschild ohnehin untersagt sei, habe es seitens der Mieter kein Einlenken gegeben. Nach Mietkürzungen durch Nachbarn und Beschwerden im Haus kam es schließlich zur Kündigung.

Der Anwalt der Familie weist die Vorwürfe des Vermieters zurück. "Meine Mandanten möchten dort gerne weiter wohnen", erklärt er. Abgesehen von einer vertretbaren Belastung durch die spielenden Kinder müsse man sich in diesem Fall auch grundsätzlich fragen, ob die Reaktion des Vermieters ins Bild einer kinderfreundlichen Gesellschaft passe.

Hinzu komme, dass der Vermieter den Gebäudekomplex als erfahrener Bauunternehmer selbst geplant und errichtet habe. "Da muss man doch auch abschätzen können, welche Folgen die Architektur hat."

Während der Verhandlung - ohne eine gütliche Einigung - äußert die Kammer unter Landgerichts-Vizepräsident Rolf Wilden wiederholt "erhebliche Zweifel" an einer Pflichtverletzung seitens der Mieter. "Hier geht es um kleine Kinder." Offenkundig sei auch, dass der Spielplatz am Wohnhaus mit dem Garagenhof verbunden ist.

Das Urteil folgte am Nachmittag: Das Landgericht gibt der Familie mit ihrer Berufung Recht und weist die Klage des Vermieters zurück - die Wohnung muss nicht geräumt werden. Eine unzumutbare Beeinträchtigung durch spielende Kinder habe nicht vorgelegen. Eine Revision wird nicht zugelassen, so dass der Mietstreit rechtskräftig entschieden ist.

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