Kinder- und Jugendtheater holt Pünktchen und Anton in die Gegenwart

Wuppertal. Pünktchen und Anton sind beim Kinder- und Jugendtheater in unserer heutigen Welt angekommen. Manche Änderungen bei der Premiere im Berufskolleg Elberfeld erinnern an den 1999 herausgekommenen Film von Caroline Link, andere haben die Regisseurin Beate Rüter und der künstlerische Leiter Lars Emmerich neu gestaltet.

So wird das dümmliche Kindermädchen durch das Au Pair Natalja (Milena Röder-Sorge) ersetzt, das mit seinen 17 Jahren erstmals verliebt ist und darüber alle Vernunft vergisst. Allerdings siegt bei ihr am Ende doch die Ehrlichkeit: Sie behält Wohnungsplan und Schlüssel in ihrer Tasche, die jedoch der fiese Robert (Tim Neuhaus) einfach stielt. Deshalb darf Natalja am Ende auch in Pünktchens Familie bleiben.

Antons Mutter (Claudia Wunder) hat 2010 kein Gewächs im Bauch, sondern liegt depressiv im Bett, nachdem sie mit ihrer Ein-Frau-Firma Pleite gegangen ist. Umso aktiver agiert Anton (Janik Backhaus), um Miete und Strom zu bezahlen: Er jobbt in der Tankstelle, verteilt Prospekte und kauft für die Nachbarin ein. Sein perfektes Image wird hier jedoch angekratzt: Als er sieht, wie Pünktchen mit dem Schmuck ihrer Mutter spielt, steckt er ein wertvolles Collier einfach in die Tasche und schenkt es seiner Mutter zum vergessenen Geburtstag. Damit wird statt der heute durchlässigeren Standesgrenze eine moralische Schranke zwischen den Kindern aufgebaut, die vor allem Pünktchens Mutter (Silke Welbers) betont.

Laurentiu Tuturuga hat verschieden hohe, dreieckige Elemente gebaut, deren Seiten teilweise spiegeln, teils blau gesprenkelt sind. Sie bilden mal die großzügige Wohnung von Pünktchen, mal die enge Küche von Anton oder die Arkaden, in denen die beiden Rosen und Zigarren verkaufen. Sehr körperlich und gestenreich spielt Lea Graf das lebhafte Pünktchen, das selbstbewusst alle Fäden in der Hand hält. Janik Backhaus bringt gut die Bedrücktheit des überlasteten Anton zum Ausdruck.

Unglaubwürdig sind allerdings seine helle Hose und das frisch gebügelte Hemd. Manche Nebenszenen geraten etwas blass, doch die Hauptgeschichte wird mit viel Action und Intensität erzählt. Zwischendurch singen die Schauspieler immer wieder den von Stefan Hüfner neu komponierten Song "Mensch Meier, mach nicht so'n Gesicht”, wobei leider der Text kaum zu verstehen ist, und tanzen nach der Choreographie von Dana Großmann.

Die gelungene Version zeigt, wie aktuell der Kästner-Klassiker auch heute ist. Sie erzählt eine tolle mitreißende Geschichte, in der die Freundschaft viele Hindernisse aus dem Weg räumt, und übt Gesellschaftskritik. Eine Inszenierung, die Kindern und Erwachsenen gleichermaßen Spaß macht.

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