Kommunalwahlkampf Kevin Kühnert sieht die SPD auf korrigiertem Kurs

Wuppertal. · Kevin Kühnert war zu Besuch in Wuppertal. Auf der Nordbahntrasse half er den Jusos beim Wahlkampf. Dabei sprach er über Olaf Scholz, den Kurs der SPD und Lebensläufe.

 Kevin Kühnert am Donnerstag in Wuppertal: Der Juso-Chef unterstützt Olaf Scholz.

Kevin Kühnert am Donnerstag in Wuppertal: Der Juso-Chef unterstützt Olaf Scholz.

Foto: Fischer, Andreas H503840

Kevin Kühnert gibt die Faust zur Begrüßung als er am Donnerstagnachmittag auf die Nordbahntrasse in Wuppertal kommt. Liegt es an der Pandemie, am Alter? Egal, er lässt es ganz selbstverständlich wirken, dass ein Spitzenpolitiker – Kühnert ist Juso-Vorsitzender und stellvertretender SPD-Vorsitzender – Jusos und Journalisten per „Fist-Bump“ Hallo sagt.

Kühnert wirkt entspannt. Dabei ist Wahlkampf. Kommunalwahlkampf in NRW, wo am 13. September gewählt wird, weswegen er tourt. Und seit Montag auch auf Bundesebene. Denn seitdem steht fest, dass die SPD Olaf Scholz ins Rennen um die Kanzlerschaft schickt. 2021.

Kevin Kühnert, seit 2017 Vorsitzender der Jusos, trägt Scholz als Kandidaten mit. Kühnert ist Teil des linken Spektrums der SPD. In einer Partei, die „sozial“ im Namen trägt, die früher klassisch von Arbeitern gewählt wurde, sich um den „kleinen Mann“ kümmern soll. Nach der Agenda 2010 oder der Mehrwertsteuererhöhung, nach der wiederholten Großen Koalition in Berlin, gibt es Zweifel am Markenkern. Die Wahlergebnisse zeigten das deutlich.

Kühnert hatte mit den Jusos dafür gesorgt, Scholz Ende 2019 als Parteivorsitzenden zu verhindern. Er hat Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans unterstützt und durchgesetzt. Weil er sich gegen ein „Weiter so“ in der Partei einsetzen wollte. Den Kurs nach links verschieben.

Dass Kühnert jetzt Scholz als Kanzlerkandidaten mitträgt, verwundert viele. Gilt mithin als Schwächung der Parteilinken. Der eigenen Linie. Kühnert sieht das anders. „Natürlich wollen wir jemanden als Kanzlerkandidaten, der große Regierungserfahrung hat“, sagt er auf der Nordbahntrasse. Zumal Scholz als Finanzminister einen ziemlich guten Job gemacht habe. Wichtig sei gewesen, Partei und Regierung zu trennen. Mit der Wahl der Parteiführung habe man sichergestellt, dass die Partei „nicht die ganze Zeit in den Kompromissen der Regierung gefangen ist“.

Die SPD habe ein neues Programm ausgehandelt – „würdevoller Sozialstaat“, Vermögenssteuer – und habe „den Kurs neu ausgerichtet“. Der sei Konsens. Auch für Scholz. „Dann ist es überhaupt nicht schlimm, dass Leute, die schon lange in Spitzenverantwortung sind, Spitzenkandidaturen übernehmen.“

Begeisterung fürs Personal klingt anders. Aber das ist nach dem Ergebnis mit Martin Schulz, bei dem die Partei zuvor in Euphorie verfallen war, verständlich und wohl auch geboten, um ernst genommen zu werden.

Der linke Kurs und der Erfolg Kühnerts machen ihn auch zum Ziel. Ihm wurde vorgeworfen, der Partei zu schaden. Und es wird nach Scheindebatten gesucht, um ihn zu diskreditieren. Etwa der wiederholte Vorwurf, sein nicht abgeschlossenes Studium sei Beleg, dass er für den Bundestag ungeeignet sei. Im Bundestag haben mehr als 80 Prozent der Abgeordneten einen Hochschulabschluss, in der Bevölkerung weniger als 20 Prozent. Kühnert sagt in Wuppertal, er wundere sich über die Arroganz mit der solche Diskussionen geführt werden, wie auf Lebensläufe herabgeschaut werde. Generell sollte es das Ziel sein, dass das Parlament die Bevölkerung repräsentiert. „Das klappt an verschiedenen Stellen nicht. Es sind zu wenig Frauen, zu wenig junge Menschen, und zu wenige Leute, die keinen akademischen Abschluss haben.“

Kühnert will das jedenfalls bei sich ändern. 2021 will er in den Bundestag. Er gibt den Juso-Vorsitz dafür dieses Jahr auf. Ob das klappt, und ob das am Lebenslauf hängt? „Am Ende entscheiden das ja die Wähler. Man kommt nicht in den Bundestag, wenn man nicht für geeignet erachtet wird. Da muss sich keiner Sorgen machen. Das ist ein sehr natürlicher Ausleseprozess.“ Oder, um etwas zu sticheln: „ein Leistungsprozess, wenn man im Sinne von CDU oder FDP sprechen will“.

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