Kampf um Patientenwillen

Der Fall von Gudrun Heyltjes zeigt die Grenzen und rechtlichen Grauzonen der Patientenverfügung auf.

<strong>Wuppertal. Eineinhalb Jahre hat Hans-Joachim Heyltjes für ein würdevolles Sterben seiner Frau gekämpft, obwohl sich das Ehepaar zuvor mit einer Patientenverfügung für den Ernstfall abgesichert hatte. Schmerzlich hat der Wuppertaler die Grenzen der Verfügung erfahren müssen. Denn nicht in jedem Fall wird der Wille der Patienten respektiert. Das liegt zum einen an der juristischen Grauzone, denn noch immer gibt es kein Gesetz, in dem der Umgang mit Patientenverfügungen geregelt ist. Zum anderen ist die Umsetzung in akuten Notfallsituationen oftmals ausgesprochen schwierig. Zum konkreten Fall: Im Juli 2006 erstickte Gudrun Heyltjes an einer Scheibe Fleischwurst. Der gerufene Notarzt nahm einen Luftröhrenschnitt vor und reanimierte die Frau, sie wurde in ein Wuppertaler Krankenhaus gebracht. Dort musste sie weiter beatmet werden, es stellte sich heraus, dass durch den Sauerstoffmangel ein Großteil ihrer Hirnzellen abgestorben war. Nach einiger Zeit wurde die 63-jährige Frau in ein Pflegeheim für zu beatmende Patienten verlegt. Mit Blick auf die vorliegende Patientenverfügung, die lebenserhaltende Maßnahmen ausschloss, forderte Hans-Joachim Heyltjes, die Geräte abzuschalten, setzte sich mit Ärzten, Heimleitung und der Ärztekammer auseinander. "Wir hatten die Verfügung und dachten, wir hätten alles richtig gemacht. Aber dann läuft alles anders", sagt er.

Mit einer Blutvergiftung wurde seine Frau später als Notfall vom Heim ins Krankenhaus verlegt. Erst auf einer Palliativstation wurde die Patientenverfügung schließlich umgesetzt - nach 14 Tagen schlief die Patienten ein.

"Im Notfall haben die Notärzte sehr wenig Zeit. Da gibt es kaum eine Chance, über eine Patientenverfügung zu diskutieren. Da wird gehandelt", sagt Melanie Rodehorst, Juristin bei den Kliniken St. Antonius. Wird ein Patient in einer Notfallsituation - wie auch bei Gudrun Heyltjes - intubiert, löst das eine Art Behandlungskette mit durchgängiger Beatmung aus. "Wenn dann die Beatmungsgeräte abgestellt werden, ist man schnell bei aktiver Sterbehilfe", erklärt der Chefarzt der Onkologie an St. Antonius, Dr. Matthias Sandmann. Erst wenn der Patient wieder aktiv atme, könne man entscheiden, ob beim nächsten Notfall wieder lebenserhaltende Maßnahmen eingeleitet werden.

Prof. Dr. Kurt Rasche, Chefarzt am Zentrum für Innere Medizin der Kliniken St. Antonius, spricht einen weiteren Aspekt an: In Pflegeheimen stehe die Lebenserhaltung im Vordergrund, dort sei die Umsetzung der Verfügungen oftmals besonders umstritten.

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