Justiz-Posse um Cannabis-Plantage

Gericht: Gegen seinen Heuschnupfen genehmigte sich ein Wuppertaler (48) regelmäßig ein bisschen Haschisch. Das brachte ihm zwei Verfahren ein. Eine Bagatelle – für die Staatsanwälte nicht.

Wuppertal. Es gibt Menschen, die auf Cannabis als schmerzlinderndes Mittel schwören. So auch ein 48 Jahre alter bis dato unbescholtener Architekt aus Wuppertal. Der soll sich zuweilen eine Portion Cannabis genehmigt haben, um seine Heuschnupfen-Beschwerden in den Griff zu bekommen. Die Pflanzen dafür hatte er in einer Werkstatt neben seinem Haus gezüchtet.

Auftakt für eine juristische Posse. Dabei schien der Fall schnell erledigt zu sein. Im vergangenen Sommer sah das Gericht von einer Verurteilung wegen Cannabis-Besitzes "in nicht geringen Mengen" ab. Es handele sich bei dem 48-Jährigen eben nicht um einen Dealer, zu gering sei die gefundene Cannabis-Menge gewesen, hieß es. Das Verfahren wurde gegen eine Geldauflage von 1200 Euro eingestellt - mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft.

Aus ungeklärten Gründen ruderte die allerdings ebenso überraschend wie zeitnah zurück und legte Beschwerde gegen ihre eigene Zustimmung zur Einstellung des Verfahrens ein. "Das ist selten", bezeichnen auch altgediente Strafrechtler den ungewöhnlichen Vorgang.

Im Vertrauen darauf, dass der Cannabis-Fall für ihn erledigt sei, zahlte der 48-Jährige unterdessen seine Geldbuße von 1200 Euro und wunderte sich, dass er plötzlich doch wieder als Angeklagter geladen wurde. Nachdem nämlich diverse Instanzen über den kuriosen Fall entschieden hatten, klagte die Staatsanwaltschaft den Architekten nochmals an. Sehr viel Aufwand - ohne Erfolg.

Die erkannte auf "Gefahr im Verzug". Ergebnis: Die Polizei durchsuchte auch die Wohnung des Architekten. Die Cannabis-Pflanzen dort hätten von der Menge her möglicherweise auch gereicht, um von einem Verbrechen auszugehen. Der Haken daran: Es fehlte ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss.

Wirkung: Die Kripo warnt seit Jahren davor, dass sich der Wirkstoffgehalt von Cannabis stetig erhöht. In den 60er Jahren lag der Wirkstoffgehalt bei fünf bis sieben Prozent, heute bei 15 bis 17 Prozent. Die Folgen: Vor allem bei Jugendlichen Psychosen, Interessenverlust und abnehmende Merkfähigkeit. Zum Vergleich: Im Fall des Architekten soll das selbst gezüchtete Cannabis einen Wirkstoffgehalt von 0,92 Prozent gehabt haben.

Profis: Fälle, in denen Dealer professionelle Cannabis-Plantagen anlegen gibt es immer wieder. Am kommenden Mittwoch muss sich deswegen ein Wuppertaler Paar - beide sind 38 Jahre alt - vor dem Landgericht verantworten. Sie sollen im vergangenen Jahr in ihrer Wohnung an der Apellstraße eine Plantage betrieben haben. Die fiel auf, als die Wohnung im April wegen ausbleibender Mietzahlungen geräumt werden sollte. Der angeklagte 38-Jährige soll in der Wohnung eine Gaspistole mit Munition aufbewahrt haben. Ihm droht deshalb Freiheitsstrafe von 5 bis zu 15 Jahren Haft.

Strafrahmen: Der Besitz von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge wird mit Freiheitsstrafe von einem bis zu 15 Jahren bestraft.

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