Jürgen Hardt (CDU) plädiert für harte Linie in Afghanistan

Der Verteidigungspolitiker sieht Afghanistan als Schlüsselstaat in einem "Hexenkessel der Weltpolitik".

Berlin. Die Realität hat ihn schnell eingeholt. So klingt es etwas ernüchtert, wenn Jürgen Hardt (CDU) über den Polit-Betrieb in Berlin spricht. Seit gut 100 Tagen bewegt sich der bergische Parlaments-Neuling im Berliner Bundestag. Dort stellt er fest: "Man findet unheimlich viele offene Baustellen vor. Es liegt deutlich mehr im Argen, als ich gedacht habe". Damit meint er zum Beispiel das Gesundheitssystem, in dem die rot-grünen Reformversuche nichts als "Murks" erbracht hätten, oder den Reparaturbedarf bei Hartz IV. Der Christdemokrat schließt sich Roland Kochs Idee einer Grundgesetz-Änderung zum Erhalt der Job-Center an.

Dass es auch im eigenen Lager Probleme gibt, räumt Hardt ein - etwa beim Kundus-Debakel um den verheerenden Luftangriff auf afghanische Zivilisten unter deutschem Befehl, das den ehemaligen Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) politisch den Kopf kostete: Das habe der schwarz-gelben Regierung gleich zum Start eine "schwere Hypothek" aufgeladen, sagt Verteidigungs-Experte Hardt. Die gesenkte Hotel-Mehrwertsteuer tat ein Übriges.

Bei der Aufklärung der Kundus-Affäre ist der ehemalige Marineoffizier Hardt hautnah dabei - im Untersuchungsausschuss, der nun wöchentlich die Umstände des missratenen Luftschlags auf zwei Tanklastzüge zu klären versucht. "Ich glaube, dass die Zahl der unbeteiligten zivilen Opfer gering ist", sagt Hardt, der auch dem Verteidigungsausschuss des Bundestages angehört.

Grundsätzlich steht Hardt weiter uneingeschränkt zum Afghanistan-Einsatz. Zu den 850 Bundeswehrsoldaten, die Berlin jetzt zusätzlich schickt, sagt er: "Das ist am unteren Rand dessen, was wir gegenüber unseren Partnern verantworten können. Ich hätte ein vierstelliges Kontingent befürwortet."

Der Verteidigungspolitiker sieht Afghanistan als Schlüsselstaat in einem "Hexenkessel der Weltpolitik". Falle dieser, falle auch das mit Atombomben bewaffnete Pakistan. Dazu Indien und Iran - "das wäre die größte Bedrohung des Weltfriedens seit der Kuba-Krise". Die Politik habe versäumt, den Menschen klar zu erzählen, was in Afghanistan vorgehe. Aus Hardts Sicht: Dass es dort auch legitim sein müsse, zentrale Figuren der Taliban oder von Al Kaida gezielt zu töten und dass der Ausstieg 2014 nicht automatisch den Truppenabzug bedeute.

Den Menschen in seinem Wahlkreis (Solingen, Remscheid, Ronsdorf, Cronenberg) verspricht der Abgeordnete, mehr Geld für die klammen Kommunen einzuklagen. Deshalb habe er Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vorgeschlagen, in der eigens einberufenen Fachkommission auch einen Vertreter des NRW-Aktionsbündnisses "Raus aus den Schulden" anzuhören.

Darin haben sich 19 Städte aus dem Bergischen Land sowie dem Ruhrgebiet zusammengeschlossen, um gegen die drohende Pleite zu kämpfen (die WZ berichtete). Hardt sieht die aktuelle, teils unverschuldete Not und will helfen. Er erwartet aber auch von den Städten, beim Sparen das Maximum herauszuholen. Denn mit Blick auf die Last der Altschulden sagt er auch offen: "Die Städte haben generell über ihre Verhältnisse gelebt."

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