Jubiläum: Howahrdes Heldengeschichten

Historie: Seit 80 Jahren besteht das Modehaus am Werth. Die Inhaberfamilie hat viel zu erzählen.

Wuppertal. "Genau in einem solchen Blau waren Mantel und Hut des Mannes", erinnert sich Monika Howahrde und zeigt auf eine Nuance in ihrem Mouse-Pad. Für Farben und Formen hat die gelernte Modistin schon von Berufswegen einen besonderen Blick. Aber diesen Mann hat sie nie vergessen, weil er versuchte, eine Jacke zu klauen. An diese "Heldinnengeschichte", wie Tochter Andrea sie nennt, reihen sich unzählige andere Anekdoten. Manche davon sind spannend, wie der von der Chefin persönlich auf dem Werth gestellte Dieb ("ihn zu verfolgen, war leicht. Er sah ja so auffällig aus."), manche rührend wie der einer sterbenskranken Frau, deren Lebenswunsch ein bodenlanger Pelzmantel war, den sie sich bei den Howahrdes erfüllte.

Dass es bei Howahrde so viel zu erzählen gibt, ist kein Wunder, das renommierte Barmer Modehaus gibt es im 80. Jahr. Im September 1930 gründete Walter Howahrde zusammen mit Ehefrau Luise den Betrieb, aus dem sich nach dem Neuanfang im September 1950 bald ein edles Pelzhaus entwickelte. Qualität war damals schon oberstes Prinzip und die Nähe um Kunden ein wesentliches Kriterium.

Die stabile D-Mark leitete das Wirtschaftswunder ein, Persianer, Otter, Nerz wärmten schöne Frauen, wie sich Hans-Peter Howahrde erinnert. Ebenso wie seine Brüder absolvierte der heutige Chef eine Kürschnerlehre, deren Meisterprüfung mit Jahresbestleistung ablegte. Im Atelier des väterlichen Betriebs lernte er seine Monika kennen, die 1958 als Pelznäherin ins Unternehmen kam. "Ich mochte ihn von Anfang an", strahlt Monika Howahrde auch nach über 50 gemeinsamen Jahren. Und obwohl Seniorchefin Luise, die strenge Schwiegermutter in spe, "erst gar nicht begeistert" war, haben sich die Liebenden nicht beirren lassen - auch was die Umstrukturierung des Geschäftes anging.

Schon immer wurden Produkte von echtem Wert angeboten. Alte Fotos - ob aus Illustrierten wie der "Chic" oder aus Familienbeständen - dokumentieren, dass die Dame von Welt damals nicht ohne Kopfbedeckung auf die Straße ging. "Manche Pelzhütchen wurden mit Kämmen kunstvoll in der Frisur befestigt", erklärt Monika Howahrde die Handhabung der Accessoires, die sie individuell gefertigt hat ("daher habe ich meine kräftigen Hände."). Aber dem strategischen Denken Hans-Peter Howahrdes war es geschuldet, "einen Instinkt für Textilien zu entwickeln". Nach dem Tod seines Vaters und Firmengründers 1975 wurde der Schwerpunkt auf Mode gesetzt. "Das war der Startschuss für eine neue Existenz", erinnern sich die Eheleute.

Trotz exklusiver Kollektionen sagen die Inhaber: "Schwellenangst braucht bei uns keiner zu haben. Von einem modischen Diktat sind wir weit entfernt." Für frischen Wind sorgten nicht nur Aus- und Umbauten des Geschäfts - um 1950 gab es etwa lediglich 35 Quadratmeter Verkaufsfläche -, sondern auch die Töchter Andrea und Petra. Seit Sommer 2007 sind die diplomierte Designerin und die Groß- und Außenhandelskauffrau zusammen mit den Eltern Geschäftsführerinnen. "Wir führen Dinge, die nie 08/15 sind und natürlich mehr als bloß eine Saison halten", lautet das bewährte Motto der Schwestern.

Am wesentlichen Charakter des Familienbetriebs hat sich also nichts verändert - einschließlich dem "persönlichen Draht" zu den Kundinnen. Aus dem daraus entstandenen Anekdotenschatz wird zwar nur ungern geplaudert - "das ist doch vertraulich!" Aber an Geschichten wie die von einen jungen Mann, der eigentlich ein Auto kaufen wollte, anstelle dessen aber eine Jacke für seine Frau erstand, erinnert sich die Familie gerne. Und dann war da noch eine Dame der Gesellschaft, die ihre Einkäufe grundsätzlich vom Chauffeur abholen ließ - oder ein wild gewandeter Herr, der in seinen bevorzugt getragenen stabilen Gummistiefeln ausschaute, wie aus dem Schlamm gezogen. Am Ende entpuppte er sich als waschechter Graf. Wie gesagt - 08/15 überlassen die Howahrdes lieber anderen.

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