Jubelrufe für „My Fair Lady“
Thomas Braus und Nadine Stöneberg arbeiten aus ihren Rollen alles heraus. Auch die anderen Darsteller lassen keine Wünsche offen. Sinfoniker haben hörbar Spaß an der Musik.
„Es grünt so grün, wenn Spaniens Blüten blühen.“ Ja, das ist noch rund um das Mittelmeer der Fall. Hier jedoch verkriecht man sich jetzt lieber in die gute Stube oder geht ins Wuppertaler Opernhaus. Dort donnert es zwar auch auf der Bühne. Aber nur anfangs, als die feine Gesellschaft bei schlechtem Wetter die Covent Garden Opera verlässt. Doch alles wird gut: Beim Pferderennen von Ascot scheint die Sonne, nachdem Eliza endlich den eingangs zitierten Satz akzentfrei aussprechen und den gleichnamigen Gassenhauer wunderschön singen kann.
Na klar, es geht um den Bühnenklassiker „My Fair Lady“. Die Produktion, die bereits im Pfalztheater Kaiserslautern zu erleben war, ist nun auch hier angekommen. Um es gleich vorwegzunehmen: Ein Besuch lohnt sich. Schwungvoll spielt das Sinfonieorchester Wuppertal unter Michael Cooks versierter Leitung die Ouvertüre oben, vorne an der Rampe. Dann geht es runter in den Graben und der Vorhang auf. Und schwups sind wir drin in London in der Zeit um 1912/13. Kostüme (Sven Bindseil) und Requisiten (Christoph Weyers) entsprechen genau der Epoche Eduards VII. bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs.
Die aus Stangen bestehende Bühne lässt sich ruck zuck verändern und ist drehbar. So können die Szenen fließend ineinander übergehen. Das bringt kurzweilige Dynamik in das Geschehen. Alles ist in Bewegung beziehungsweise auf Trab. Gibt es zwischendurch ruhige Momente (etwa die Auseinandersetzungen allein zwischen Professor Henry Higgins und Eliza Dolittle), bricht die Spannung nie ab. „Längen“ gibt es also nicht.
Dafür sorgen Thomas Braus und Nadine Stöneberg, die schauspielerisch und gesanglich alles packend herausarbeiten, was die Charaktere dieser beiden Rollen hergeben. Dazu stolpert Oberst Hugh Pickering alias Tom Zahner, ganz der Gentleman, köstlich über ei-gene menschliche und sprachliche Schwächen.
Sebastian Campione als Alfred P. Dolittle ist ein Zecher vor dem Herrn, der mit seinen Saufbrüdern mangels Schotter regelmäßig aus der Kneipe geschmissen wird. Sangmin Jeon spielt glaubhaft den unsterblich verliebten Freddy Eynsford-Hill. Auch die anderen Darsteller lassen keine Wünsche offen. Sie sprühen vor Spielwitz.