„Journalismus ist Kernelement der Demokratie“

Diskussion in der Johanneskirche mit Medienforscher Leonard Novwy.

„Journalismus ist Kernelement der Demokratie“
Foto: Andreas Fischer

Für sie sei die Zeitung „nach wie vor unentbehrlich“, betonte Birgit Schaffer zur Einleitung des „Offenen Abends“ in der Johanneskirche. Die Organisatorin der Vortragsreihe hatte diesmal Leonard Novy vom Institut für Medien- und Kommunikationspolitik eingeladen. Er führte dem gut 30-köpfigen Publikum den Wandel der Medienlandschaft vor Augen und forderte eine intensivere Diskussion über die Bedeutung des Journalismus für die Demokratie.

Auch für die Zuhörer gehört die Zeitung noch zum Alltag: Nahezu alle meldeten sich, als der Referent fragte, wer Zeitung liest. Novy machte deutlich, dass für viele Zeitungsleser das Angebot selbstverständlich scheint: „Wir haben uns daran gewöhnt, weil wir lange eine stabile Medienlandschaft in der Bundesrepublik Deutschland hatten.“

Doch das Internet stelle das in Frage: Heute gibt es viele weitere Möglichkeiten, an Informationen zu gelangen — was auch eine Verbesserung darstelle. Internetunternehmen wie Facebook und Google profitierten aber vom Journalismus, indem sie auch journalistische Informationen verbreiten — aber sie produzierten sie nicht. Weil journalistische Inhalte im Internet weitgehend kostenlos sind, werde das Geschäftsmodell Zeitung untergraben.

Zeitung ordneten Nachrichten ein, präsentierten den Leser auch Inhalte, die sie nicht gesucht haben. Im Internet sähen alle Informationen gleich aus, es hersche eine Nachfrage-Orientierung: „Sie bekommen das eingespielt, was Sie interessiert.“ Das sei zwar „bequem, aber problematisch“.

Internetmedien verbreiteten Nachrichten, wenn sie oft geklickt werden — ohne Bezug zu ihrer Qualität, was die Verbreitung von „Fake News“ fördere. „Wo Wahrheit als Bezugspunkt wegbricht, wird der gesamtgesellschaftliche Diskurs erschwert“, warnte Nowy. „Das müssen wir diskutieren.“

Auch wenn er Kritik am etablierten Journalismus hatte — politische Journalisten folgten zu oft einem Herdentrieb, seien der Politik zu nah und zu weit weg von den normalen Menschen — betrachtet er einen unabhängigen und professionellen Journalismus als Kernbestandteil der Demokratie. „Das ist eine Errungenschaft, und keine Selbstverständlichkeit.“ Dass das jetzt gefährdet sei, werde zu wenig thematisiert. Gerade wegen des wachsenden Angebots an Informationen bestehe ein Bedarf nach journalistischer Einordnung und Bewertung.

Aus dem Publikum kam der Vorschlag, GEZ-Gebühren auch für Zeitungen einzusetzen, Novy berichtete von Stiftungs- und Genossenschaftsmodellen für Zeitungen. Eine Teilnehmerin sah durchaus eine Bereitschaft, für gute Inhalte im Internet zu zahlen. Es gab auch Kritik an den bestehenden Medien: Sie gäben zu oft Meinungen vor. Andere ZUhörer befürchteten zu viel Einflussnahme der Politik — was Novy verneinte. Deutlich war: Allen war an einem seriösen Journalismus gelegen.

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