Kritische Situation Jeder dritte Notruf in Wuppertal ist unnötig - Leitungen von Polizei und Feuerwehr teilweise überlastet

Wuppertal · Die Leitungen von Polizei und Feuerwehr in Wuppertal werden täglich mit völlig belanglosen Anrufen blockiert. Für die Einsatzkräfte ist das ein großes Problem, teilweise wird „20 bis 40 Mal am Tag angerufen“.

 Ein Mitarbeiter der Leitstelle vor seinen Monitoren.

Ein Mitarbeiter der Leitstelle vor seinen Monitoren.

Foto: dpa/Rolf Vennenbernd

Bei der gemeinsamen Feuerwehrleitstelle für Wuppertal und Solingen gehen im Jahr 150 000 Anrufe ein, davon 100 000 über die Notrufnummer 112. Doch ganz oft ist die Situation von einem Notfall weit entfernt. Bei der Feuerwehr führt ein Drittel der Anrufe zu keinem Einsatz.

„Ich muss dringend mit der Delegation von Barack Obama sprechen. Ich habe ein Geschenk für ihn“ - das war ein echter Anruf, der bei Leitstellen-Leiter Michael Pölcher eingegangen war, während der ehemalige US-Präsident Köln besuchte. Abseits solcher kuriosen Notrufe stellen die Kräfte aus der Leitstelle fest: „Die Leute waren früher selbstständiger. Heute haben viele eine Vollkasko-Mentalität.“ Bedeutet: Es gibt ein Problem - und die Feuerwehr soll es lösen.

Zum Beispiel hören die Einsatzkräfte immer wieder: „Jemand parkt mein Grundstück zu“ oder „Der Baum meines Nachbarn droht auf mein Grundstück zu fallen“. Das Schlimme für die Helfer im zweiten Fall ist: Sobald die Lage gefährlich sein könnte, muss jemand ausrücken. Leitstellenkollege Frank Holthausen berichtet: „Uns hat ein Mann 20 bis 40 Mal am Tag angerufen und gesagt, dass er Herzschmerzen hat.“ Unzählige Male waren Einsatzkräfte vor Ort gewesen. Es sei sehr schwer, diesen Anrufer unter Kontrolle zu bekommen, denn im Prinzip könne die Feuerwehr nicht einfach Notrufen nicht nachgehen. Wenigstens, so Holthausen, habe die Anzahl der Juxanrufe nachgelassen, weil inzwischen viele wissen, dass sich Handynummern zurückverfolgen lassen und es immer weniger Telefonzellen gibt.

Im Sommer blockieren Ruhestörungen die Leitungen

Bei der Wuppertaler Polizei gehen jährlich 160 000 bis 170 000 Notrufe ein. Hier hat sogar jeder zweite Anruf keinerlei Einsatz zur Folge. Das Problem: Über die 110 rufen Leute an, die beispielsweise ein Portemonnaie gefunden haben oder ein Aktenzeichen erfragen wollen. Polizei-Sprecher Stefan Weitkämper erinnert: „Wir haben auch noch eine normale Amtsnummer. Da gehören solche Anrufe hin, die nicht dringend sind.“ In Wuppertal ist das die 284-0.

Besonders an lauen Sommerabenden ist die Leitstelle immer wieder stark belastet. Laut Polizist Werner Kaus könne es da schon mal vorkommen, dass nicht alle Notrufe sofort aufgenommen werden können - dabei rufen die allermeisten Menschen wegen Ruhestörungen an. Der Beamte von der Leitstelle verdeutlicht die Dimensionen: „2018 hatten wir im Städtedreieck 3000 Einsätze wegen Ruhestörung - nur im Juli und August.“ Die Situation sei kritisch, weil zwischen all den unnötigen Notrufen jederzeit ein echter schlummern kann. Kaus hat das schon erlebt: Die Leitstelle war mit zweitrangigen Anrufen ausgelastet, während es gleichzeitig am Barmer Bahnhof bei einem Notfall um Leben und Tod ging.

Kaus ärgert sich besonders über das fehlende Bewusstsein, dass vielleicht nicht immer das persönliche Anliegen augenblicklich für die Polizei die höchste Priorität hat. Kaus: „Ich habe mal einen bei einer Ruhestörung gefragt, ob er denn schon mal mit seinem Nachbarn geredet hat.“ Antwort: „Das ist doch ihre Aufgabe.“

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