Geologie Interview zu Wuppertals Erdreich: „Wie beim Great Barrier Reef“

Wuppertal · Die WZ sprach mit Hubert Leonard Nobis von der Stadt über die Struktur des Bodens im Tal.

 In Beyeröhde zeigten sich die fatalen Folgen des plötzlichen Absackens des Grundes.

In Beyeröhde zeigten sich die fatalen Folgen des plötzlichen Absackens des Grundes.

Foto: Schwartz, Anna (as)

Mitte März drohten mehrere Häuser an der Beyeröhde einzustürzen. Zahlreiche Menschen mussten in Sicherheit gebracht werden. Einige einsturzgefährdete Mehrfamilienhäuser bleiben bis auf weiteres geräumt. Es wird weiter nach den Ursachen gesucht. Nach Untersuchungen der Bergbehörde des Landes steht offiziell fest, dass nicht die Stollen der ehemaligen Eisenerzzeche Karl für das Absacken des Bodens verantwortlich sind.

Experten gehen davon aus, dass der Grund das Dolinengebiet unterhalb Wuppertals ist. Die Westdeutsche Zeitung  hat Hubert Leonard Nobis, Abteilungsleiter Ressort Umweltschutz der Stadt Wuppertal, zu der Beschaffenheit des Bodens befragt.

Herr Nobis, droht in Wuppertal überall das Absacken des Bodens?

Hubert Leonard Nobis: In großen Teilen findet man Bereiche mit Sandstein, Grauwacke und Schiefer, die nicht von Erdfällen betroffen sind. Die Erdfälle beschränken sich auf das Kalksteingebiet, das sich von Osten nach Westen durch Wuppertal zieht. Das Gebiet gehört zum Rheinisch-westfälischen Kalkzug, der von Düsseldorf über Wuppertal bis nach Brilon läuft. Das Korallenriff ist vor etwa 380 Millionen Jahren entstanden. Man kann sich das so wie das Great Barrier Reef in Australien vorstellen. Bereits im 9. Jahrhundert wurde Kalk gewonnen, in Gruiten gibt es bis heute noch Kalktagebau.

Warum sackt die Erde im Kalksteingebiet ab?

Nobis: Das Kalksteingebiet ist verkarstet, das bedeutet,  es hat sich teilweise gelöst. Dabei sind Hohlräume entstanden, die teilweise verplombt wurden, durch lockeres Material wie Lehm. Wenn der Lehm durch Niederschläge aufweicht und weggespült wird, entsteht eine Mulde. Manchmal gehen auch richtige Löcher von zwei bis drei Metern Tiefe auf. In Nächstebreck kann man diese sogenannten Dolinen in der Natur betrachten. Problematisch wird es, wenn es eine Bebauung an der Stelle gibt, an der die Erde absackt, und das Gebäude dafür nicht ausgelegt ist.

WZ: Was macht es schwierig, in einem Dolinengebiet zu bauen?

Nobis: Es ist nicht bekannt, wo sich die Hohlräume befinden. Gebiete, in denen schon ein Erdfall aufgetreten ist, sind kartiert worden. Massenkalkzüge sind nicht automatisch Dolinengebiete, es können aber Erdabsackungen auftreten, auch wenn es an einer Stelle bisher keine gegeben hat. In Dolinengebieten gibt es Vorgaben, welche Maßnahmen bei der Gründung ergriffen werden müssen. Neue Gebäude bekommen spezielle Fundamente, die stärker bewährt sind, z.B. mit Eisenmatten oder es werden Bohrpfähle in den Fels getrieben. Dadurch wird verhindert, dass ein Gebäude zusammen mit dem Boden absackt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort