Bildung Initiative „Starke Eltern“ prangert Missstände im Schulsystem an

Wuppertal · Nach einer ersten Demonstration im Dezember sollen weitere Aktionen folgen. Die Aktivisten kritisieren Lehrermangel und Stundenausfall.

 Christian Stephan mit Schülern, Eltern und Lehrern. Die Initiative will ganz Wuppertal ansprechen.

Christian Stephan mit Schülern, Eltern und Lehrern. Die Initiative will ganz Wuppertal ansprechen.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Wochenlang kein Mathematik-Unterricht, weil ein Lehrer dafür fehlt. Englisch nur in Blocktagen, weil für die erkrankte Lehrkraft kein Vertreter zu bekommen ist. Zahllose überlastete Lehrer und viele Krankheitsausfälle. Auf die wachsenden Probleme durch Lehrermangel und andere Missstände im Bildungswesen will die Initiative „Starke Eltern“ hinweisen. Für den 4. Dezember hatte sie eine Demonstration auf dem Alten Markt organisiert. Weitere Aktionen sollen folgen.

Im vergangenen Herbst war der Unmut mehrerer engagierter Eltern von Schülern der Gesamtschule Barmen so groß, dass sie aktiv werden wollten. Sie wollten mehr als nur in der in der Schulpflegschaft und in der Schulkonferenz zu diskutieren. „Wir haben gemerkt, dass viele Dinge im Schulsystem im Argen liegen“, sagt Christian Stephan, Initiator des Zusammenschlusses. Dazu gehören auch Probleme mit Gebäuden und mit der Ausstattung. Aber der Lehrermangel sei das größte. Von offiziellen Stellen werde der nicht geleugnet. „Aber man bekommt nur zu hören: ,An anderen Stellen ist es noch schlimmer‘.“

Mitstreiter Marc Struns-Michels sagt: „Es ist wichtig, dass man den Mund aufmacht.“ Seiner Meinung nach gibt es viele gute Ideen, aber das Geld dafür werde nicht ausgegeben. „Es muss klar sein, dass Bildung etwas kostet.“ Von guter Bildung hätten nicht nur die Schüler etwas, sondern auch die Gesellschaft als Ganzes. „Bildung muss wieder Platz eins in der Politik einnehmen.“

Endlich aktiv werden will auch Jennifer Hansen: „Die Bildung einer ganzen Generation Kinder wird an die Wand gefahren“, klagt sie an. „Ich wünsche mir, dass die Politik endlich aufmerksam wird und Geld in die Schulen investiert.“ Als Eltern wollten sie, dass ihre Kinder gute Chancen haben. „Aber es ist nicht Sinn der Sache, dass wir unsere Kinder zu Hause unterrichten.“

Lucia Tielen (18), Schülersprecherin der Gesamtschule, kennt den Lehrermangel aus eigener Erfahrung: „Es fällt extrem viel aus“, sagt sie. Schüler sollen sich den Stoff dann selbst erarbeiten. Doch nicht alle hätten die ausreichende Disziplin. Und oft fehlten einfach Erklärungen durch einen Lehrer. Dabei betont sie: „Das Problem gibt es an jeder Schule.“ Auch sie macht bei der Initiative mit.

45 000 Flugblätter gingen
an die verschiedenen Schulen

Ein harter Kern von rund einem Dutzend Engagierter hat sich wöchentlich getroffen und zunächst die Demonstration in Wuppertal organisiert. „Wir dachten, wir fangen einfach mal an“, sagt Lucia Tielen. Um möglichst viele Menschen zu erreichen, haben sie 45 000 Flugblätter an anderen Schulen verteilt.

Mehrere hundert Demonstranten – Eltern und Schüler – kamen am 4. Dezember zusammen. „Ich schätze, es waren 400 bis 500“, sagt Christian Stephan. Zudem hat die Initiative 750 Unterschriften gesammelt. Wem sie diese übergeben, steht noch nicht fest. Christian Stephan ist wichtig: „Das soll keine Einmal-Aktion gewesen sein.“ Sie wollen weiter auf Probleme in den Schulen aufmerksam zu machen. „Wir wollen der Politik zeigen: ,Ihr müsst mit uns rechnen‘.“ Ihre Forderungen zur Bekämpfung des Lehrermangels und anderer Probleme: den Numerus clausus für Lehramtsstudiengänge aufheben, Lehrer für Sek I und Sek II gleich bezahlen, Verwaltungsangestellte in Schulen schicken, die Lehrer von Verwaltungsaufgaben entlasten, Lehramtsstudenten als Vertretungslehrer engagieren und durch Digitalisierung den Austausch von Lehrmaterial erleichtern. Als Aktivitäten sind eine Postkarten-Aktion zur schlechten Ausstattung ans Ministerium und eine Petition zur gleichen Bezahlung von Sek I- und Sek II-Lehrern im Gespräch.

Das nächste Ziel ist, weitere Mitstreiter zu finden. Die Initiative will erneut gezielt auf andere Schulen jeder Schulform und deren Elternpflegschaften zugehen. „Das betrifft ganz viele Schulen“, sagt Christian Stephan. Damit meint er nicht nur Schulen in Wuppertal. Und die Initiative heißt auch Starke Eltern NRW.

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