„Ich muss mit den Augen hören“
Interview: Kassandra Wedel ist gehörlos und spielt die Titelrolle in der Oper „Aschemond oder The Fairy Queen“.
Wuppertal. Sie war die Wunschbesetzung von Komponist Helmut Oehring und Regisseur Immo Karaman für die Titelrolle in der Oper „Aschemond oder The Fairy Queen“: Kassandra Wedel, gehörlose Tänzerin und Schauspielerin. Bekannt geworden ist die 32-Jährige vor einem Jahr durch ihre Rolle im „Tatort“. Im Herbst hat sie bei der ProSieben-Show „Deutschland tanzt“ gewonnen, im Finale bekam sie von den Zuschauern mehr Stimmen als Oliver Pocher. Für das Interview haben wir die Fragen aufgeschrieben, sie hat sie dann mündlich beantwortet.
Frau Wedel, wie war Ihre Reaktion, als die Wuppertaler Bühnen Sie für die Rolle angefragt haben?
Kassandra Wedel: Ich habe mich sehr gefreut. Gerade als Theaterwissenschaftlerin hat mich das interessiert. Von Wuppertal kannte ich das Tanztheater von Pina Bausch. Ich hatte auch von Helmut Oehring schon gehört, sein Buch „Mit anderen Augen. Vom Kind gehörloser Eltern zum Komponisten“ habe ich zu Hause. Mit der Rolle konnte mich gleich identifizieren. Ich habe gemerkt, wie viel mir diese Rolle gibt und wie viel ich ihr geben kann.
Sind Sie vorher oft in die Oper gegangen?
Wedel: Nein, nur ins Ballett. Sogar die Gehörlosen selber meinen ja, das sei nichts für uns. Aber das ist Quatsch. Eigentlich ist die Oper auch für Gehörlose perfekt, weil man dank der Übertitelung lesen kann, was sie singen.
Was für eine Figur ist die Feenkönigin, die Sie spielen?
Wedel: Sie ist die Magie des Mondes, sie ist hell, strahlend, voller Energie. Sie kennt aber auch die dunkle Seite des Mondes. Sie gibt den Menschen etwas Gutes, Liebe, Hoffnung und Inspiration für eine bessere Welt. Ich denke, im Leben gibt es viele Fairy Queens — man muss sie nur erkennen.
Inwiefern können Sie sich mit der Rolle identifizieren?
Wedel: Ich bin wie Helmut Oehring in zwei Welten groß geworden. Bei den Hörenden bin ich gehörlos, bei den Gehörlosen bin ich nicht gehörlos genug. Man ist nicht Tag und nicht Nacht, sondern vielleicht wie eine Sonnenfinsternis, wie ein schwarzer Fleck. Es gibt immer Menschen, die dazwischen sind. Aber vielleicht sind sie es, die Frieden zwischen verschiedenen Parteien schaffen können.