Offen gesagt Hurra, wir sind entdeckt!

Als Kolumbus 1492 Amerika entdeckte, war das mehr oder weniger ein Zufall. Dass die Amerikaner Wuppertal entdecken würden, dagegen eine Frage der Zeit. 2020 ist es soweit, der Fernsehsender Cable News Network (CNN) hat Wuppertal zu einem der Top 20 Reiseziele des Jahres erklärt.

Wuppertal wird in einem Atemzug mit Galway (europäische Kulturhauptstadt), St. Petersburg, Washington oder den Victoria-Fällen genannt.

Der Autor Barry Neild ist begeistert von Wuppertal. Er schwärmt von der Schwebebahn, die auf ihn den Eindruck macht, als sei sie gerade der Fantasie Jules Vernes entsprungen. „Wuppertal hat ein Ass im Ärmel - eines der coolsten Eisenbahn-Systeme der Welt.“ Die Fahrt mit der Schwebebahn sei eine „Steampunk-Vision“ und koste nur ein paar Dollars - Seite an Seite mit tausenden Pendlern, die sie jeden Tag nutzten. Wuppertal scheint der Mitarbeiter von CNN Travel tatsächlich kennengelernt zu haben, denn er schwärmt auch in den höchsten Tönen von einer Fahrt über die Nordbahntrasse mit pittoresken Blicken auf eine grüne Stadt, die eine abenteuerliche Mischung von Architektur und Baustilen aufweise. Dass auf der Wuppertaler Tourismus-Internetseite auf die Nähe zu Köln oder Düsseldorf hingewiesen werde, wird mit einiger Verwunderung so kommentiert: „Neither of these, notably, have a railway in the sky - keine dieser Städte hat doch eine Eisenbahn im Himmel“.

Tut es nicht gut, einmal so ins Schaufenster gestellt zu werden? Beim Blick auf oder aus der Schwebebahn spüren die Wuppertaler, dass sie in einer ganz besonderen Stadt leben. Doch leider kommt die Botschaft schon in Mettmann nicht mehr an. Und spätestens in Düsseldorf schaut man auf Wuppertal herunter, nimmt Attraktionen wie die Schwebebahn, die Stadthalle, die Parks und Anlagen sowie die spektakuläre Nordbahntrasse kaum noch wahr.

Woran mag es liegen, dass Wuppertal sich als Stadt so sehr unter Wert verkauft? Die Stadthalle gilt als einer der besten Konzertsäle Europas. Denkt man sich den üppigen Blumenschmuck hinzu, dann ist der Unterschied zum Großen Saal des Wiener Musikvereins am 1. Januar gar nicht so groß. Und was die Schwebebahn angeht, die gibt es eben nur einmal auf der Welt. In den zurückliegenden zehn Jahren haben es die Wuppertaler geschafft, sich ihrer Stärken bewusst zu werden und mehr Stolz auf die eigene Stadt zu entwickeln. Die kommenden zehn Jahre müssen dazu genutzt werden, die Stadt so lebenswert und attraktiv zu machen, dass sie noch viel stärker nach außen strahlt. Fangen wir doch 2020 damit an.

Auf das Ranking von CNN allein wird Wuppertal nicht aufbauen können. Es müssen Konzepte für die Stadtwerbung und das Stadtmarketing mit einer größeren Außenwirkung entwickelt werden, um Wuppertal für Besucher und Investoren über die Stadtgrenzen hinaus interessant zu machen. Es geht nicht darum, die hässlichen Ecken schön zu reden, aber man muss auf den Charme und Reiz dieser besonderen Stadt aktiver hinweisen. Das könnte eine dankbare Aufgabe für die Stadtspitze spätestens nach der Kommunalwahl sein.

Schön wäre es, wenn Wuppertal ein Top-Reiseziele für Amerikaner würde. Doch das bleibt wohl nur ein Traum. Und so muss sich Wuppertal mit dem Ansturm der Chinesen trösten. Denn wenigstens die haben hoffentlich vernommen, dass Wuppertal 2020 das Engelsjahr begehen wird.

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